Angespanntes Interview

"Sie finden es lustig?": Australische Moderatorin grillt russischen Botschafter im Live-TV

Markus Maisel

Online-Redaktion

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23.3.2023, 17:22 Uhr
Machte im Interview mit dem australischen Sender "ABC News" keinen souveränen Eindruck: der russische Botschafter in Australien, Alexey Pavlovsky.

© MICK TSIKAS via www.imago-images.de Machte im Interview mit dem australischen Sender "ABC News" keinen souveränen Eindruck: der russische Botschafter in Australien, Alexey Pavlovsky.

Propaganda, fehlerhafte Narrative, und hetzerische Kampfansagen: Pressegespräche mit Vertretern der russischen Föderation zu führen, gestaltet sich dieser Tage mehr als schwierig. Anstatt ehrliche, diplomatische Antworten zu geben, nutzen russische Diplomaten internationale Fernsehsendungen derzeit häufig für eines: die Verbreitung von Desinformation.

Botschafter zu Gast bei "ABC News"

Andrej Kelin, russischer Botschafter in Großbritannien, sprach im November in einem "BBC"-Interview davon, dass Großbritannien an einem Angriff auf die russische Flotte beteiligt gewesen sei. In einem ausführlichen Interview mit dem britischen Sender "Sky News" leugnete Putins Pressesprecher Dmitri Peskow im April 2022 Kriegsverbrechen im russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Dabei konnten die Gräueltaten auf russischer Seite längst nachgewiesen werden.

Nun nahm jüngst der russische Botschafter in Australien, Alexey Pavlovsky, auf dem Studio-Sessel bei "ABC News" Australia Platz - und wurde von Moderatorin Sarah Ferguson ins Kreuzverhör genommen: "Herr Botschafter, Sie sind hier in Australien und genießen die Vorteile einer freien und offenen Gesellschaft. Wie können Sie damit leben, dass Sie das repressive, diktatorische Putin-Regime vertreten?", lautete die erste Frage, die sie an Pavlovsky richtete.

"Finden Sie das lustig?"

Pavlovsky begann zunächst zu lachen. "Finden Sie das lustig?" fragte Ferguson. Darauf erwiderte der Botschafter, dass ihm diese Frage zu Beginn eines Interviews zu direkt sei. Ferner sagte Pavlovsky, dass er in Russland nicht den Eindruck hatte, in einem autoritären Land zu leben.

Seit 2019 vertritt Pavlovsky die russische Botschaft in Australien. Obwohl - oder gerade weil Pavlovsky die Narrative des russischen Staates gebetsmühlenartig nach außen tragen muss, brachten ihn die Fragen Fergusons des Öfteren in Erklärungsnot: So geriet der unsouverän wirkende Pavlovsky ins Stottern, als er auf die gewaltsame Niederschlagung der Antikriegs-Proteste, die Teilmobilmachung in Russland und die Unterdrückung der freien Presse angesprochen wird: "Wie würden Sie diese Regierungsform beschreiben, wenn nicht als Diktatur?", fragte Ferguson.

Pavlovsky wich aus: Er sei da, um "substanzielle Fragen zu Russlands Politik und Russlands Position zu bestimmten Themen, Russlands Rolle in der Welt" zu beantworten, nicht aber zu seinen inneren Angelegenheiten.

Pavlovsky: Australier Opfer von "Gehirnwäsche"

Bereits in der Vergangenheit machte Pavlovsky mit seinen Äußerungen auf sich aufmerksam: So behauptete der Botschafter, dass Australier einer "Gehirnwäsche" unterzogen worden seien, damit sie die Ukraine im völkerrechtswidrigen Krieges seines Landes unterstützen.

Im Bezug darauf fragte Frau Ferguson den Botschafter, ob er anerkenne, dass sein Land eine illegale Handlung begangen habe: "Die russische Invasion in der Ukraine war eine kriminelle Handlung, und das russische Militär hat die Menschen in der Ukraine terrorisiert. Verstehen Sie, dass man nicht gehirngewaschen sein muss, um das zu verstehen?", fragte sie.

Anstatt auf die Frage einzugehen, verwies Pavlovsky auf die Irak-Invasion der USA vor 20 Jahren, welche er als "unmoralische Aggression" bezeichnete. Zudem behauptete Pavlovsky, dass seine Gehirnwäsche-Äußerung demonstrieren solle, dass die Australier "nicht in der Lage seien, Ereignisse in einem Kontext zu sehen.

Pavlovsky weist Berichte über russische Kriegsverbrechen zurück

Die jüngsten Berichte der Vereinten Nationen, in denen Feststellungen über Kriegsverbrechen der russischen Streitkräfte in der Ukraine enthalten sind, wies Pavlovsky zurück. Laut ihm seien die Informationen nicht glaubwürdig. Der Grund: Der Bericht würde "Kriegsverbrechen der ukrainischen Seite" nicht erwähnen.

Die Sendung endete damit, dass sich Ferguson und Pavlovsky gegenseitig beschuldigten, Propaganda zu verbreiten. So warf Ferguson Russland vor, seit Februar 2022 "den Tod von mehr als 8.000 ukrainischen Zivilisten" verursacht zu haben. Pavlovsky behauptete, der Westen trage die Schuld daran. Warum? Weil er den "Putsch in Kiew unterstützte und eine ultranationalistische, fremdenfeindliche Regierung an die Macht brachte."

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