Trockenheit

Trinkwasser knapp: Muss Italien jetzt den Gardasee abpumpen?

Stefan Besner

Online-Redaktion

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20.6.2022, 15:57 Uhr
Die Poebene in Norditalien wird von der schlimmsten Hitzewelle seit 70 Jahren heimgesucht.

© Luca Bruno, dpa Die Poebene in Norditalien wird von der schlimmsten Hitzewelle seit 70 Jahren heimgesucht.

Der Gardasee ist der größte See Italiens. Nicht nur für die Deutschen ist er ein beliebtes Reiseziel. Schon die alten Römer schätzten das milde Klima, sein azurblaues Wasser und die schöne Landschaft. Shakespeares ikonisches Drama Romeo und Julia spielt vor der Kulisse Veronas und Johann Wolfgang von Goethe soll einst vor Begeisterung beim Anblick des Lago di Garda gerufen haben: "Wie sehr wünschte ich meine Freunde einen Augenblick neben mich, dass sie sich der Aussicht erfreuen könnten, die vor mir liegt."

Schlimmste Hitzewelle seit 70 Jahren

Selbst für mediterrane Verhältnisse ist die Hitzewelle, die die Po-Ebene im Norden Italiens aktuell heimsucht, extrem. Der Pegel des gleichnamigen und längsten Flusses Italiens, des Po, liegt mittlerweile drei Meter unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. In manchen Regionen ist seit Monaten kein Tropfen Regen mehr gefallen, in 125 Gemeinden ist bereits der Wassernotstand ausgerufen. Dort soll die Trinkwasserversorgung nachts unterbrochen werden, um zumindest über den Tag eine minimale Grundversorgung gewährleisten zu können.

Tankwagen liefern Trinkwasser

Dramatisch sind die Folgen auch für die Landwirtschaft. Seien es Reisfelder, Tomaten oder Mais – viele Ackerflächen benötigen eine kontinuierliche Bewässerung. Wegen der katastrophalen Trockenheit besteht laut dem Landwirtschaftsverband Coldiretti bei 50 Prozent der Anbauflächen in der Po-Ebene die Gefahr des totalen Ernteausfalls. In mehreren Kommunen muss jetzt schon der Tankwagen kommen, um die Menschen mit Trinkwasser zu versorgen. Dabei hat der Sommer gerade erst begonnen.

Streit um Gardasee-Wasser

Am Freitag, der zufällig auch Welttag zur Bekämpfung von Wüstenbildung und Dürren ist, soll ein Krisentreffen der Regionen mit Landwirtschaftsminister Stefano Patuanelli stattfinden. Darin soll unter anderem auch die Möglichkeit diskutiert werden, die Po-Ebene mit Wasser aus dem Gardasee zu speisen, dessen Pegel ebenfalls bereits 46 Zentimeter tiefer liegt als letztes Jahr. "Ich glaube, es ist unvermeidlich, einen Krisenzustand zu verhängen wegen der Trockenheit.", sagte Patuanelli am Wochenende laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Der Generalsekretär der Gemeinden des Gardasees lehnt diesen Vorschlag hingegen ab, wie das Schweizer Webportal 20min.ch berichtet. Dies hätte verheerende Auswirkungen auf den See.