"Sehr kleinräumige Wetterphänomene"

"Wo sind denn jetzt eure Gewitter?!?" Wetterdienst verteidigt Prognosen

Julia Ruhnau

nordbayern.de

E-Mail zur Autorenseite

4.7.2022, 05:59 Uhr

© Tobias Hartl/Vifogra/dpa/Symbolbild

Gewitter - das heißt meist Blitz und Donner, oft Regen, manchmal Sturm. Vor allem im Sommer treten sie regelmäßig auf, aber auch in den kälteren Jahreszeiten kann es öfter mal krachen. Wann und wo Unwetter drohen, sagt zum Beispiel der Deutsche Wetterdienst (DWD) voraus. Dafür gibt es Warnstufen von 1 bis 4, je nach Schwere der erwarteten Folgen. Möglich sind zum Beispiel Starkregen, Orkanböen, Hagel.

Allerdings passiert es immer wieder, dass zwar schwere Gewitter vorhergesagt werden, der Himmel aber blau bleibt. Warum ist das so? "Eine Prognose, wann und wo Gewitter exakt auftreten, ist im Prinzip nicht möglich", sagt Tobias Reinartz, Diplom-Meteorologe beim DWD. Immer wieder melden sich bei ihm und seinen Kollegen deswegen Bürger und beschweren sich über falsche Vorhersagen. Doch für die Ungenauigkeit gibt es gute Gründe.

Gewitter messen oft nur wenige hundert Meter

"Gewitter sind besonders in ihrer Entstehung sehr kleinräumige Wetterphänomene", erklärt Reinartz. Wenn sie sich zusammenbrauen, messen sie meist nur wenige hundert Meter. Das ist deutlich weniger, als die Wettermodelle des DWD auflösen können. Das detaillierteste Modell mit dem komplizierten Namen ICON-D2 könne bis auf 2,2 Kilometer genau auflösen. "Das kann man ganz grob mit einem Fischernetz vergleichen", sagt Reinartz. Hier betrage die Maschenweite von Knoten zu Knoten 2,2 km.

Theoretisch könnte man die Modelle noch genauer machen - allerdings wäre dafür so viel Rechenleistung nötig, dass auch sehr leistungsfähige Computer schnell in die Knie gehen würden. Messungenauigkeiten und eine begrenzte Zahl an Messstation machen die Vorhersage zusätzlich fehleranfällig. Was dagegen gut klappe, sei die Vorhersage der Region sowie die schwere der potenziellen Unwetter, so Reinartz.

Die geringe Größe von frisch entstehenden Gewittern erklärt auch, warum manchmal in ein und derselben Stadt in einem Viertel die Keller volllaufen, während im Zentrum noch die Sonne scheint. Damit sie sich überhaupt bilden, ist eine "instabile Schichtung" nötig, also bestimmte Temperaturunterschiede zwischen aufsteigenden Luftpaketen und der Umgebungsluft. Im Sommer ist hierfür die Sonneneinstrahlung der entscheidende Faktor, aber auch warme Gewässeroberflächen können ein Auslöser sein.

Im Gegensatz zur Wettervorhersage, bei der es um den Zustand der Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt geht, sind Klimaprognosen übrigens anders aufgebaut. Als Klima wird die Zusammenfassung bestimmter Wettererscheinungen in einer bestimmten Region über einen gewissen Zeitraum hinweg bezeichnet. Gängig sind hier etwa 30 Jahre.

Bei diesen Vorhersagen geht es nicht darum, Regen oder Wind an einem bestimmten Tag zu prognostizieren. Stattdessen werden die Abweichungen von Mittelwerten berechnet. Also: Wird es in Zukunft wärmer oder nasser als es in den letzten Jahren durchschnittlich der Fall war? Grundlage für die Berechnungen sind Klimamodelle. Die enthalten Variablen, zum Beispiel zum Zustand der Meere, der Atmosphäre und der Landmasse. Mithilfe von Formeln wird dann berechnet, was sich tut, wenn sich die Variablen in die eine oder andere Richtung verändern.

Verwandte Themen