EU-Behörde warnt

"Zwillings-Epidemie": Grippe breitet sich aus - und könnte zusammen mit Corona zum Problem werden

18.1.2022, 14:34 Uhr
Letztes Jahr ist die Grippewelle ausgeblieben, dieses Jahr verbreitet sich Influenza schneller, als von Experten erwartet.

© Christian Ohde, NN Letztes Jahr ist die Grippewelle ausgeblieben, dieses Jahr verbreitet sich Influenza schneller, als von Experten erwartet.

Während sich in Deutschland derzeit alles um die dynamische Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus dreht, breitet sich die Grippe in Europa schneller aus als gedacht.

Wie die EU-Seuchenschutzbehörde European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) in ihrem wöchentlichen Bericht mitteilt, kann in Europa eine merkbar höhere Influenza-Aktivität im Vergleich zu den vorherigen Wochen beobachtet werden.

Im Winter 2020/2021 ist die saisonale Grippewelle weltweit ausgefallen: Die Maßnahmen gegen das Corona-Virus wie Masken und Sicherheitsabstände haben die Grippeviren damals weitgehend verdrängt.

Frankreich schwer betroffen

Nun ist die Grippe, mit der sich nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) normalerweise jährlich 4 bis 16 Millionen Menschen in Deutschland infizieren, zurück in Europa. Dem Bericht der ECDC zufolge gibt es jedoch Unterschiede in der Ausbreitung von Influenza zwischen den Ländern und Regionen.

Demnach kann unter anderem in Frankreich, Schweden, Serbien oder Albanien eine höhere Influenza-Aktivität verzeichnet werden. Insbesondere Frankreich scheint schwer betroffen zu sein: Nach Daten, die das französische Gesundheitsministerium veröffentlicht hat, sehen sich bereits drei Regionen - einschließlich Paris - mit einer Grippeepidemie konfrontiert.

Laut dem RKI nehmen auch in Deutschland Grippeinfektionen zu - die üblichen Grenzwerte für den Beginn einer Grippewelle wurden hingegen noch nicht erreicht.

Währenddessen ist in Europa auch eine größere Anzahl von schweren Verläufen nach einer Infektion zu beobachten. Wie der Spiegel berichtet, ist die Zahl von Grippefällen, die auf europäischen Intensivstationen behandelt werden mussten, in der letzten Dezemberwoche stetig auf 43 gestiegen. Im gesamten Dezember 2020 gab es dahingegen nur einen solchen Fall.

Pasi Penttinen, einer der Top-Experten des ECDC, führt diese Entwicklung im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters auf die zunehmend weniger restriktiven Corona-Maßnahmen vieler Länder zurück. Der Wissenschaftler befürchtet, dass sich die Grippewelle dadurch länger als üblich bis in den Sommer ziehen könnte.

Große Belastung für das Gesundheitssystem

"Wenn wir beginnen, alle Maßnahmen aufzuheben, habe ich die große Sorge mit Blick auf Influenza, dass wir uns vielleicht vom normalen Saisonverlauf entfernen, weil das Virus so lange Zeit fast gar nicht in der europäischen Bevölkerung zirkulierte", so Penttinen. Das ECDC warnt vor einer "Zwillings-Epidemie", die zusammen mit Covid-19 einen gewaltigen Druck auf das bereits überlastete Gesundheitssystem ausüben könnte.

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