Artenschutz-Volksbegehren: Söders Sprung über viele Schatten

3.4.2019, 21:46 Uhr
Mit dem Artenschutz-Volksbegehren "Rettet die Bienen" konnte die CSU also nicht nach bewährtem Muster umgehen, findet zumindest NZ-Korrespondent Ralf Müller.

© Sven Hoppe, dpa Mit dem Artenschutz-Volksbegehren "Rettet die Bienen" konnte die CSU also nicht nach bewährtem Muster umgehen, findet zumindest NZ-Korrespondent Ralf Müller.

Die mehr als 1,7 Millionen Bayern, die sich in den kalten Wintertagen auf den Weg in die Rathäuser gemacht hatten, um mit ihrer Unterschrift die Bienen zu retten, hatten auf die regierende CSU schon Eindruck gemacht. Das gleiche gilt für die Landtagswahl vom vergangenen Oktober, bei der die CSU auf 37,2 Prozent abrutschte und die Grünen zweitstärkste Kraft im Freistaat wurden. In einigen Großstädten nahmen die Grünen der CSU Direktmandate ab. Das war ein riesiger Denkzettel.

Mit dem Artenschutz-Volksbegehren "Rettet die Bienen" konnte die CSU also nicht nach bewährtem Muster (was nicht von uns kommt, taugt eh nichts) umgehen. Ministerpräsident und Reformer Markus Söder sprang über seinen Schatten und zog seine Fraktion mit: Das Volksbegehren wird akzeptiert – es gibt keinen Gegenentwurf der Regierungsparteien. Die noch stärker von Landwirten geprägten Freien Wähler taten sich da ein wenig schwerer. Der "Wahlkampf" vor dem Volksbegehren hatte Gräben aufgerissen und die Landwirte als Hauptverantwortliche für das Artensterben hingestellt.

Versöhnung dank Steuergeldern?

Der Bayerische Bauernverband (BBV) hat sich inzwischen zwar zu seiner Verantwortung für den Artenschutz bekannt, aber einige Punkte passen ihm immer noch nicht an dem Volksbegehren. Die seien "unpraktikabel", heißt es. Nun wird sich an diesem Gegensatz zunächst nicht viel ändern lassen, denn das Volksbegehren muss eins zu eins in Gesetzesform gegossen werden, wenn man einen Volksentscheid vermeiden will. Die in Aussicht gestellten "Begleitgesetze" können zwar einiges etwas glatter bügeln oder konkreter fassen, dürfen aber nicht den Sinn des Plebiszits aushebeln oder ihn gar in sein Gegenteil verkehren.

Möglicherweise hat die Söder-Regierung hinter den Kulissen die Versöhnung mit den organisierten Landwirten so aufs Gleis gesetzt, wie sie das schon bei vielen Konfliktpunkten praktiziert hat: Mit (Steuer-) Geld. Man darf davon ausgehen, dass die Landwirte keine finanziellen Einbußen erleiden, wenn sie Gewässerrandstreifen nicht mehr bewirtschaften, Wiesen nach dem 15. März nicht mehr walzen oder auf Pflanzenschutzmittel verzichten. Die Zauberworte lauten "Ausgleichsmaßnahmen" und "Förderprogramme", wie sie etwa zur angestrebten Verdreifachung der Zahl der Bio-Landwirte bis 2030 diskutiert werden.

Angesprochen auf die Kosten für die Umsetzung des Artenschutz-Gesetzesbündels, nannte Ministerpräsident Söder am Mittwoch den erstaunlich hohen Betrag von 70 bis 75 Millionen Euro pro Jahr. Darin enthalten sein soll auch die Aufstockung der Naturschutzverwaltung um rund 100 Stellen. Dagegen kann man nichts haben, man darf aber die bange Frage stellen: Was täte man in der bayerischen Landespolitik nur, wenn man nicht so viel Geld zur Verfügung hätte?

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