Beleidigungen und Rassismus? Streit in der Satire-Partei "Die Partei"

14.1.2021, 16:07 Uhr
Der Kabarettist Nico Semsrott vertritt "Die Partei" nicht länger im Europaparlament. Aus Protest.

© Philipp von Ditfurth, dpa Der Kabarettist Nico Semsrott vertritt "Die Partei" nicht länger im Europaparlament. Aus Protest.

Um diesen Vorgang als Eklat bezeichnen zu können, fehlt ihm vermutlich das politische Gewicht. Schließlich geht es um „Die Partei“, eine der kleinsten Parteien im Europäischen Parlament, der gerade mal zwei deutsche Abgeordnete angehören – seit Mittwoch nur noch einer.

Sonneborn beschimpft Kritiker als "zu doof"

Was war passiert? Nach dem Angriff von Trump-Anhängern auf das Kapitol hatte der Satiriker und EU-Abgeordnete Martin Sonneborn (55) ein Foto veröffentlicht, auf dem er ein T-Shirt mit dem Aufdruck trug: „Au Widelsehern, Amlerika! Habem Sie Guter Frlug runtel! Plinted in China. Fü Die PALTEI.“ Nur wenige erkannten den Witz und noch weniger die satirische Zuspitzung: Es sollte eine Anspielung auf Donald-Trump-Fanartikel sein, die trotz dessen anti-chinesischer Politik in China hergestellt wurden.

Der Tweet sei rassistisch und beleidigend, befanden dagegen etliche Leser, weil er die vermeintliche Unfähigkeit der Chinesen, kein „R“ aussprechen zu können, verballhornte. Sonneborn legte trotz der heftigen Vorwürfe noch einmal nach und stellte die Kritiker als „nur zu doof hin, um seine Kunst zu verstehen“.

Semsrott: "Es reichen Mitgefühl und Respekt"

So empfand es sein bisheriger Parteifreund, der Kabarettist Nico Semsrott (34), den diese Reaktion auf die Palme brachte: „Wenn sich Menschen von seinen Postings rassistisch angegriffen fühlen, muss er nicht viel tun. Es reichen Mitgefühl und Respekt vor den Betroffenen, um das eigene Verhalten zu korrigieren.“


Cancel-Culture: Wer bestimmt, was gesagt werden darf?


Semsrott zog Konsequenzen aus Sonneborns Publikumsbeschimpfung, die er als „falsch und inakzeptabel“ bezeichnete und verließ die Partei. Erst danach entschuldigte sich Sonneborn öffentlich und bezeichnete seinen Witz als „misslungen“ – was angesichts der in den zurückliegenden Jahren häufiger werdenden Vorwürfe gegen seine Partei wegen Rassismus, Intoleranz und Frauenfeindlichkeit nicht nach allzu großer Einsicht klingt.

Bekannt durch die ZDF-"heute-show"

Sonneborn, in seinem vorpolitischen Leben Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“ und Gründer sowie Vorsitzender der Antipartei „Die Partei“, sitzt seit 2014 als Fraktionsloser im Europäischen Parlament. 2019 wurde er nicht nur wiedergewählt, sondern bekam auch noch Verstärkung von Semsrott, der als Slam-Poet unter anderem in der ZDF-„heute-show“ bekannt geworden war.

Semsrott trat schon damals den Grünen bei, wo er auch bleiben und sein Mandat zu Ende bringen will. Parteifreunde sind die beiden nicht mehr.

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