CDU-Streit um Rundfunkgebühr: Der große Kampf des Reiner Haseloff

6.12.2020, 17:22 Uhr
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff sitzt im Unionsstreit um die Rundfunkgebühren zwischen den Stühlen. 

© Christian Schroedter via www.imago-images.de, imago images/Christian Schroedter Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff sitzt im Unionsstreit um die Rundfunkgebühren zwischen den Stühlen. 

Reiner Haseloff (66) ist ein Mann mit langer politischer Erfahrung. Seit knapp zehn Jahren übt er das Amt des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt aus. Mehr Dienstjahre als er hat nur noch der Hesse Volker Bouffier. Doch im Moment kämpft Haseloff den vermutlich härtesten Kampf in seiner Zeit als Landesvater - und er könnte ihn durchaus noch verlieren.

Die Mehrheit der Magdeburger CDU-Landtagsfraktion wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die Erhöhung der Rundfunkgebühren. Das könnte das ganze, von den Bundesparteien befürwortete Projekt gefährden, denn alle Landesparlamente müssen zustimmen. Die aus Sicht des Ministerpräsidenten schlimmste Variante wäre es, wenn seine christdemokratischen Abgeordneten mit der AfD-Fraktion sogar ausdrücklich gegen die Erhöhung stimmten. Dann bliebe ihm wohl nur noch der Rücktritt, denn er lehnt eine solche Zusammenarbeit ab.

Zum vorletzten Mittel hat Reiner Haseloff schon Ende vergangener Woche gegriffen. Er entließ seinen Innenminister Holger Stahlknecht, weil der in einem Interview geäußert hatte, man könne ja auch mit einer CDU-Minderheitsregierung amtieren, wenn SPD und Grüne absprängen. Das Pikante an der Personalie: Stahlknecht ist nicht nur Mitglied im Kabinett Haseloff (gewesen), sondern auch noch Landesvorsitzender der Christdemokraten.

Malu Dreyer warnt vor einem "politischen Dammbruch"

Längst ist das Verhalten der Magdeburger CDU-Fraktion zum bundespolitischen Thema geworden. Am deutlichsten äußerte sich Malu Dreyer (SPD), die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und und Vorsitzende der deutschen Länder-Rundfunkkommission. Es wäre ihrer Meinung nach "ein politischer Dammbruch", wenn die Christdemokraten mit der AfD "den Medienstaatsvertrag verhindern würden". Darüber sei sich die übrige "Länderfamilie" einig.


Streit um Rundfunkgebühren: Spaltet Sachsen-Anhalt die Union?


Auch Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz schlug in diese Kerbe. Er wundere sich, "wie sehr da eine Partei vielleicht ihrem eigenen Ministerpräsidenten in den Rückenfällt". Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock mahnte die CDU als ganzes: "Es gibt Zeitpunkte, an denen man sich klar entscheiden muss. Das wäre jetzt die Aufgabe der Union."

Von der Bundesspitze der Christdemokraten war bisher in der Angelegenheit nicht allzu viel zu hören. Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer steht kurz vor ihrer Ablösung. In gut einem Monat, am 16. Januar 2021, sollen die Delegierten auf einem virtuellen Parteitag eine neue Führung wählen. Es ist deswegen höchst fraglich, ob sich AKK mit voller Wucht in dieses Gefecht wirft oder vielleicht doch lieber auf Zeit setzt.

Soll die CDU von den anderen nur vorgeführt werden?

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak wirft den Grünen und der SPD vor, den Konflikt moralisch aufzuladen. Es gehe um eine Frage innerhalb der Regierungskoalition von Sachsen-Anhalt. Christdemokraten, SPD und Grüne hätten vertraglich vereinbart, dass es bei einer Beitragsstabilität für die öffentlich-rechtlichen Sender bleiben solle. Dass nun das Thema für einen Grundsatzstreit herhalten müsse, sei nicht in Ordnung. Offensichtlich wollten manche nur die Glaubwürdigkeit der Union im Umgang mit der AfD in Frage stellen.

Wie es weitergehen wird, das ist noch völlig offen. In der vergangenen Woche hatte der Medienausschuss des Magdeburger Landtages die eigentlich vorgesehene Abstimmung erst einmal verschoben - in der vagen Hoffnung, dass sich die Frage irgendwie konfliktfrei klären lässt. Die CDU-Landtagsfraktion hätte gerne ein Ergänzungsgutachten, das klärt, ob denn auch in Zeiten der Corona-Krise eine solche Gebührenerhöhung sein muss. Doch dazu sind zumindest momentan die anderen 15 Bundesländer nicht bereit. Vor allem bei den Landes- und Fraktionsvorsitzenden der CDU hält sich die Begeisterung über ein Aufschnüren des Pakets in Grenzen. Denn auch in den anderen Ländern hatte es durchaus unterschiedlich heftigen Widerstand gegen die jetzt angepeilte Erhöhung gegeben.

Schon am Mittwoch könnte sich die Krise zuspitzen. Da steht das Thema erneut auf der Tagesordnung des Medienausschusses. Stimmen CDU und AfD dort mit Nein, könnte das zu einem raschen Ende der sogenannten Kenia-Regierung und zu höchst unsicheren Verhältnissen im Bundesland Sachsen-Anhalt führen. Die nächste reguläre Landtagswahl findet dort am 6. Juni 2021 statt.

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