Corona: Wer soll die Rettung der Nation eigentlich bezahlen?

2.4.2020, 08:34 Uhr
Leere Straßen, geschlossene Geschäfte: Das öffentliche Leben ist erlahmt. Die fehlenden Einnahmen der Bürger muss das Land ausgleichen - bloß mit welchen Geld?

© Michael Matejka Leere Straßen, geschlossene Geschäfte: Das öffentliche Leben ist erlahmt. Die fehlenden Einnahmen der Bürger muss das Land ausgleichen - bloß mit welchen Geld?

40, 60, auch 156 Milliarden Euro: Bei den Summen, die Bund und Länder derzeit aufrufen, um die Nation durch die Coronakrise zu tragen, darf einem schwindelig werden. Lägen die 156 Milliarden auf dem eigenen Girokonto, man hätte sich an der Börse gestern Siemens, BMW, Adidas, die Deutsche Bank und die Lufthansa kaufen können. Im Paket.

Es ist wichtig, sich diese Größenordnung klar zu machen. Denn es ist nicht das Geld von Markus Söder oder Olaf Scholz, das da so großzügig versprochen wird. Es ist (auch) Ihr Geld und das aller anderen Steuerzahler. Es gibt eine Menge Argumente dafür, dass die Beträge nötig sind; eine abgeschmierte Wirtschaft käme noch ungleich teurer.

Doch gerade weil das so ist, ist es höchste Zeit, nicht nur über das Ausgeben zu reden, sondern mindestens so intensiv darüber, woher das Geld kommen soll. Soll der Staat auf das gewöhnliche Steueraufkommen zurückgreifen? Möglich wäre das. Es würde aber aufgrund der Schulden den Spielraum der öffentlichen Hand auf Jahre empfindlich einschränken.

Abgabe der Vermögenden

Nein. Wir erleben eine Ausnahmesituation, deshalb die Staatshilfen. Das rechtfertigt dann aber ebenso, über Ausnahmelösungen zur Finanzierung derselben nachzudenken.



Dazu gehören auch Ideen wie die von SPD-Chefin Saskia Esken, obgleich gewohnt ungelenk formuliert, der eine Art "Corona-Abgabe" für besonders Vermögende vorschwebt. Wobei der Vorschlag eigentlich noch zu mutlos ist.

Denn bei allem Wehklagen: Es ist auch in dieser Krise so, dass nicht alle gleich darunter leiden. Das mag in vielen Fällen für Menschen ab einem gewissen Gesamtvermögen gelten, die Esken wohl im Kopf hatte. Ganz sicher aber für einige ausgewählte Großkonzerne. Online-Händler wie Amazon etwa, die gerade wegen des Virus sogar boomen. Oder Hedgefonds, die jetzt auf Schnäppchenjagd bei in Not geratenen Unternehmen gehen können.

Ungleiche Verteilung

Dass der Stärkere mehr Lasten trägt als der Schwächere, ist ein bewährtes Grundprinzip unseres Steuersystems. Gerade die global agierenden Akteure der Digitalindustrie und des Finanzbusiness hatten jedoch schon vor Corona zu leichtes Spiel, sich durch Schlupflöcher zu entziehen. Dass das die ungleiche Verteilung von Vermögen in der Welt verstärkt, ist bekannt. Ebenso, dass das den sozialen Frieden auf Dauer gefährdet. Auch in Deutschland.


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Das heißt: Läuft es richtig schlecht, beschleunigt die Pandemie diese unheilvollen Tendenzen auch noch. Gleichzeitig ist der Bedarf nach neuen Finanzquellen zur Bewältigung der Krise in allen Staaten gerade jetzt besonders groß. Mit anderen Worten: Wann wäre die Gelegenheit günstiger, der Handlungsdruck für die Politik größer, als sich endlich auf eine faire Besteuerung global agierender Konzerne, speziell der digitalen Multis, zu einigen? Am besten gleich per europaweiter Lösung. Bitte wann?

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