Der Bauernkrieg: Landwirte gehen auf die Barrikaden

26.11.2019, 11:46 Uhr
Kämpfen um ihre Zukunft: Tausende Landwirte protestieren in Berlin.

© Bernd von Jutrczenka, dpa Kämpfen um ihre Zukunft: Tausende Landwirte protestieren in Berlin.

Vordergründig geht es den Bauern um aktuelle Gesetzesvorhaben wie das "Agrarpaket" der Bundesregierung. Das Höfesterben schreite unaufhaltsam voran, wenn immer weitere Umweltauflagen folgen, argumentieren die Betroffenen. Und verweisen auf Insektenschutz, der zu weniger Einsatz von Unkraut- und Schädlingsgiften führe. Außerdem trifft sie der Vorwurf hart, auf das Wohl der Tiere nicht zu achten.

Tatsächlich geht es um viel mehr: Den Bauern mangelt es an Wertschätzung. Viele Landwirte fühlen sich zu Unrecht in eine Ecke gedrängt, in der sie nicht bleiben wollen. Seit Monaten schon organisieren sie sich in Bauernwehren und protestieren vehement. Äußerer Ausdruck sind die grünen Kreuze auf den Feldern, die wie Pilze aus dem Boden schießen. Von den grünen Kreuzen bis zu den gelben Westen, dem Symbol der radikalen Protestbewegung in unserem Nachbarland Frankreich, ist es nur ein kleiner Schritt.

Radikale Aussagen

Schon heute sind Teile der Bauernproteste radikal. In geschlossenen Facebook-Gruppen werden Grünen-Politiker und Medienvertreter auf das Schärfste verunglimpft. Es bedarf nicht mehr viel, ehe der Funke zu einer flächendeckenden Radikalisierung überspringt. Natürlich weiß die Politik das – und reagiert wie gewohnt: Beschwichtigende Töne von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sollen die Rebellion verhindern. Keinesfalls könne es angehen, dass Landwirte als Umweltverschmutzer oder Tierquäler beschimpft werden.

Ob versöhnliche Reden genügen, um dauerhaft Ruhe an der Bauernfront zu gewährleisten, ist eine von zahlreichen offenen Fragen. Eine andere lautet: Wie rasch kann der Wandel weg von der am Weltmarkt orientierten Massenproduktion hin zu einer umweltverträglicheren Bewirtschaftung mit dann zwangsweise geringeren Erträgen gelingen? Der Anfang ist gemacht: Die EU-Agrarzahlungen, Hauptsubventionsquelle vieler Landwirte, sollen weg vom reinen Wachstumsgedanken umstrukturiert werden. Vielen konventionellen Landwirten gefällt das nicht. Sie sind über Jahrzehnte auf mehr Ertrag gedrillt worden, nicht zuletzt vom Bauernverband, der mächtigen Lobby der Landwirte.

Ein lautstarker Hilferuf

Letzten Endes steht hinter dem Protest der Landwirte auch ein Hilferuf: Umdenken ist nötig. Von der Politik über die Lobbyisten bis hin zu den Verbrauchern müssen dabei alle mitziehen. Am Ende muss eine Perspektive für den Bauernstand in Deutschland aufgezeigt werden. Landwirte müssen eine realistische Überlebenschance haben - egal in welcher Form, ob große oder kleine Höfe, Betriebe mit Bio- oder konventioneller Bewirtschaftung.


Proteste in Franken: Das steckt hinter der Bauern-Bewegung


Die derzeit sich anbahnende Spaltung zwischen Landwirten und Gesellschaft darf jedenfalls nicht voranschreiten. Denn Bauern pflegen unsere Kulturlandschaft, sie sorgen für regionale Lebensmittelproduktion und sind somit integraler Bestandteil unserer Heimat. Natürlich müssen sie sich selbst auch am Veränderungsprozess beteiligen: Dass einem immer größer werdenden Teil der Gesellschaft an umweltverträglicherer Produktion und Achtung des Tierwohls gelegen ist, bedeutet ja nichts Schlechtes. Die Bauern sollten nach den Protesten innehalten und nachdenken. Und sich dann an die Spitze dieser Bewegung setzen. Dann folgen der nötige Imagewandel und die gewünschte Wertschätzung von selbst.

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