In Bayern bislang auf 30,70 Euro gedeckelt

Deutsche Umwelthilfe fordert: Anwohnerparken soll drastisch teurer werden

25.4.2022, 11:24 Uhr
Ein Schild mit der Aufschrift "Bewohner mit Parkausweis frei" kennzeichnet eine Zone mit Anwohnerparkberechtigungen in der Innenstadt. 

© Philipp von Ditfurth, dpa Ein Schild mit der Aufschrift "Bewohner mit Parkausweis frei" kennzeichnet eine Zone mit Anwohnerparkberechtigungen in der Innenstadt. 

Viele Länder und Kommunen bremsten "angemessene Gebühren" fürs Anwohnerparken aus - und damit auch die Mobilitätswende, moniert die Umwelthilfe. So dürften beispielsweise vielerorts noch riesige SUVs für wenige Cent am Tag den öffentlichen Raum zustellen. Gebühren müssten aber so hoch sein, dass Menschen, die nicht auf ihr Auto angewiesen seien, ihren Pkw-Besitz hinterfragten, so der Verein.

Anwohnerparken im Vergleich zu Bus und Bahn günstig

Verglichen mit den Kosten für Bus- und Bahntickets sei eine Gebühr für Anwohnerparkausweise von mindestens 360 Euro pro Jahr immer noch niedrig, meint die DUH. Eine Abfrage der Umwelthilfe habe ergeben, dass nur fünf Länder den Kommunen eine "angemessene Gebührenerhebung" für Anwohnerparkausweise ermöglichten. Kommunen wie Erfurt, Köln und Stuttgart hätten die Möglichkeit, höhere Gebühren zu verlangen, würden dies aber nach wie vor nicht tun, so die DUH.

Als Vorbilder sieht die Umwelthilfe Regelungen in Freiburg und Tübingen. In Freiburg ist demnach eine durchschnittliche Gebühr in Höhe von 360 Euro pro Jahr vorgesehen. Für besonders große SUVs und Pick-ups werden laut DUH 480 Euro pro Jahr fällig. Tübingen verlange für besonders schwere "Stadtpanzer" eine um 50 Prozent höhere Jahresgebühr als für Kleinwagen - nämlich 180 Euro.

Nürnberger Stadtrat hält dagegen

Die Ideen der DUH stoßen dem Nürnberger Stadtrat Ümit Sormaz (FDP) sauer auf: "Immer mit den hohen Kosten der öffentlichen Verkehrsmittel zu argumentieren, ist eine Milchmädchenrechnung. Besonders mit dem vom Autofahrer hauptsächlich finanzierten, Milliarden teuren Neun-Euro-Ticket. Den einen Individualverkehrsteilnehmer gegen den anderen im öffentlichen Verkehrsmittel auszuspielen, mag vielleicht die Strategie einer angeblichen umweltfreundlichen Initiative sein. Solange man den steuerzahlenden Autofahrer braucht, um eine demnächst überlastete Regionalbahn und ein fast kollabierendes Bussystem zu finanzieren, macht man in der Planung etwas falsch."

Weiter fragt er: „Wie steht es denn mit den Parkplätzen für umweltfreundliche Elektro-Fahrzeuge oder Hybride aus? Hier haben die vorgeblichen Umweltschützer mit der heißen Nadel gestrickt, denn diese Fahrzeuge können in Nürnbergs Innenstadt nur selten eine Ladesäule finden. Diese haben die vorgeblichen Umweltschützer ebenfalls vergessen aufzubauen. Ich sage: Lasst den Individualverkehr leben. Ihr werdet ihn brauchen. Und entlastet ihn besser, anstelle weitere zusätzliche Parkraumgebühren zu erfinden. Sprit ist teuer genug und mit jedem Cent mehr macht der Staat mit dem Autofahrer mehr Geld. Deswegen: Senkt die Parkraumgebühren!“

Bund kippte Obergrenze für Parkausweise

Mitte 2020 hatten Bundestag und Bundesrat eine bis dahin geltende bundesweite Obergrenze bei Anwohnerparkausweisen von 30,70 Euro pro Jahr gekippt - seitdem können Länder und Kommunen die Gebühren für städtische Quartiere mit erheblichem Parkraummangel regeln. Dazu können die Landesregierungen Gebührenordnungen erlassen.

"Öffentlicher Raum ist knapp und zunehmend umkämpft", sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Jedes Jahr steigt die Zahl der in Deutschland zugelassenen Autos um eine halbe Million an. Gleichzeitig werden die zugelassenen Autos immer länger, breiter und schwerer. Trotzdem dürfen Anwohnerinnen und Anwohner in den meisten Städten mit ihren riesigen SUV und Pick-ups für nur 8 Cent pro Tag den öffentlichen Raum zustellen."

Dies sei nur ein Bruchteil der Gebühren, die in vielen Städten im Ausland verlangt werden, heißt es von der DUH. Auch die Denkfabrik Agora Verkehrswende hält Anwohnerparkplätze in Deutschland für zu billig. "Die Gebühren entsprechen weder den Kosten noch dem tatsächlichen Nutzen", heißt es in einem im Januar vorgelegten Papier. Ein Bewohnerparkausweis in Stockholm zum Beispiel koste rund 1300 Euro im Jahr.

Unterschiede in den Bundesländern

Die Deutsche Umwelthilfe verteilte grüne, gelbe und rote Karten an Bundesländer. Fünf Bundesländer erhielten eine grüne Karte: In Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen dürften Städte angemessene Gebühren fürs Anwohnerparken verlangen. Eine rote Karte bekamen Bayern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein - diese Länder hätten bislang nicht entschieden, ob sie ihren Kommunen mehr Möglichkeiten geben wollen.

Bayern will bald aber einen Vorschlag dazu vorlegen, wie teuer Anwohnerparken künftig im Freistaat sein darf. "Wir planen, in Kürze einen Umsetzungsvorschlag zu den Gebühren für Bewohnerparkausweise und zu den Parkgebühren auf den Weg zu bringen“, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums in München. Zuvor hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Staatsregierung wegen niedriger Parkgebühren in Bayern kritisiert. Bisher dürfen Städte und Gemeinden fürs
Anwohnerparken nicht mehr als 30,70 Euro pro Jahr verlangen.

Alle anderen Bundesländer - Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Sachsen - gaben laut DUH an, dass sie eine neue Parkgebühren-Verordnung planen, aber aktuell noch über die Ausgestaltung diskutierten. Dafür gab es von der Umwelthilfe eine Gelbe Karte. In Hamburg sei die Regelung bereits angepasst worden- , die Jahresgebühr in Höhe von 65 Euro könne jedoch nach wie vor keine Lenkungswirkung entfalten. Daher bekam auch Hamburg von der Umwelthilfe eine gelbe Karte.

In der Hauptstadt Berlin steht im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und Linke, dass spätestes 2023 die Beiträge für die Anwohnerparkvignette auf 10 Euro im Monat steigen sollen. Derzeit kostet ein Bewohnerparkausweis 10,20 Euro im Jahr.

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