Grüne Badum zum Kohleausstieg: "Klima-Verschuldung auf Kosten künftiger Generationen"
3.7.2020, 17:02 Uhr"Grüne stimmen gegen Kohleausstieg" – so könnte man heute titeln. Wie kam es denn dazu, Frau Badum?
Lisa Badum: Für uns war es bitter, gegen ein Kohleausstiegs-Gesetz zu stimmen. Wir mussten es aber tun, weil es tatsächlich ein Kohleverlängerungs-Gesetz ist. Es garantiert den Konzernen noch 18 Jahre Kohleverstromung in Deutschland – was bei weitem unser CO2-Budget überschreitet. Das ist eine Klima-Verschuldung auf Kosten der zukünftigen Generationen. Und dieser schlechte Ausstieg wird den Konzernen auf dem Rücken der Steuerzahler auch noch vergoldet.
Ist der heutige Freitag der Tag, an dem klar wird, dass Deutschland die Pariser Klimaziele nicht einhalten wird?
Badum: Der Tag hat es jedenfalls unwahrscheinlicher gemacht, dass wir diese Ziele erreichen. Es wird jetzt sehr, sehr schwer. Wir hinken beim Ausbau der erneuerbaren Energien hinterher, wir haben zwölf Jahre verloren in der Klimapolitik. Die Maßnahmen, die wir künftig ergreifen müssen, werden umso drastischer sein müssen.
Ihre Fraktion kritisiert die Kosten des Kohleausstiegs. Sind die nicht dem geschuldet, dass man die in den Revieren beschäftigten Menschen nicht auf der Straße stehen lassen will?
Badum: So wird das von der Bundesregierung gerne dargestellt. Ja, es gibt ein Anpassungsgeld für die Mitarbeiter in den Kohlebetrieben, es gibt Strukturhilfen – für beides haben wir gestimmt. Es gibt aber eben auch Entschädigungen für die Konzerne. Die Begründung dafür sind angeblich Gewinne, die ihnen wegen des Kohleausstiegs in der Zukunft entgehen. Dabei ist Kohlestrom längst schon viel unwirtschaftlicher geworden. Die Entschädigungen bilden also nicht das Marktumfeld der nächsten Jahre ab. Dies hätte man berücksichtigen und transparent machen müssen. Wir haben bis heute jedoch keine Info, wie diese Entschädigungen genau berechnet wurden. Ich habe mehrere Wochen nach dem entsprechenden Gutachten der Bundesregierung gefragt. Veröffentlicht wurde es am Abend vor der Abstimmung. Das geht nicht.
Wäre das nicht ein Grund, vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen?
Badum: Es sind Klage gegen die Bundesregierung angestrengt worden, unter anderem von der gemeinnützigen Organisation Client Earth. Ob man jetzt im Nachhinein gegen das Gesetz noch mit Aussicht auf Erfolg klagen kann, weiß ich nicht. Nun muss aber die EU-Kommission noch prüfen, ob die Entschädigungszahlungen nicht eine unerlaubte Beihilfe für Unternehmen darstellen. Hier handelt die Kommission in der Regel äußerst strikt – man kann als Staat nicht einfach Geld an Unternehmen geben. Das wird also sehr kritisch für die Bundesregierung.
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