Impfung beim Hausarzt: Privatpraxen gehen bisher leer aus

8.4.2021, 05:55 Uhr
Eine Apothekerin nimmt in einer Hausarztpraxis eine Lieferung Corona-Impfstoff entgegen.

© Ronny Hartmann, dpa Eine Apothekerin nimmt in einer Hausarztpraxis eine Lieferung Corona-Impfstoff entgegen.

Als Dr. Oliver Gerlach zum Hörer greift, ist er noch frohen Mutes. Der Allgemeinmediziner aus Erlangen wollte als einer der ersten die Chance nutzen, seine Patienten gegen Covid-19 zu schützen. Seit Ende März sind Hausärzte aktiv in die nationale Impfstrategie eingebunden, Praxen dürfen nun selbstständig Astrazeneca, Biontech/Pfizer oder Moderna bestellen und verabreichen. Allerdings nicht alle.

Bestellung storniert

Gerlach scheitert zunächst schon an der Bestellung. Als Privatarzt kann ihm die Kassenärztliche Bundesvereinigung nicht weiterhelfen bei der Frage, wie er an Impfstoff kommt, außerdem hat er das falsche Formular - blau statt rot. Über Umwege gibt er vergangene Woche schließlich doch noch eine Bestellung bei einer Apotheke in Erlangen auf, am Mittwoch kommt die Zusage: 18 Dosen Biontech sollen geliefert werden.

Am nächsten Tag ist die Bestellung hinfällig. "Die Apotheke sagte mir, dass sie ein Fax der Apothekerkammer bekommen hätte und dass Bestellungen von Privatpraxen sofort zu stornieren seien", so der Mediziner. "Das fand ich ziemlich eigenartig."

Vergabe ist in Impfverordnung geregelt

Bei der Bayerischen Landesapothekerkammer ist das Problem bekannt. Und es ist einfach zu erklären: In der aktuellen Impfverordnung, die am 1. April in Kraft trat, ist explizit festgelegt, dass Leistungen nur durch "Arztpraxen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen" erbracht werden dürfen. Privatpraxen oder Betriebsärzte sind damit ausgeschlossen.

"Weil die Bestellung des Impfstoffs für die Praxen über die Apotheken läuft, waren wir bereits vor dem 1. April über die Pläne des Gesundheitsministeriums informiert und haben die Information per Aussendung am 31. März an unsere Mitglieder weitergegeben", heißt es aus der Pressestelle der Landesapothekerkammer. Die Apotheken wussten also vor den Ärzten, dass nur noch Vertragsärzte beliefert werden dürfen.

Gerlach empfängt in seiner Praxis nur Privatpatienten oder Selbstzahler. Impfen kann er auf absehbare Zeit weder die einen noch die anderen. Dabei habe er "eine Liste von Patienten", die sich gerne immunisieren lassen möchten - möglichst bei ihm.

Verband drängt auf Ausweitung

Natürlich können sich auch Privatpatienten vor Covid-19 schützen. "Betroffene Privatversicherte der vorrangig berechtigten Risikogruppen können sich mit einem Attest ihres privatärztlichen Hausarztes an eine vertragsärztliche Kollegin oder an ein Impfzentrum wenden", sagt Dominik Heck, Pressesprecher beim Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV). Der Großteil der Privatversicherten werde aber sowieso von Vertragsärzten betreut. In Deutschland gebe es etwa 9000 Privatärzte, von denen die meisten aber Fachärzte sind. "Die privatärztlichen Hausärzte machen nur einen kleinen Teil der schätzungsweise rund 45.000 Hausärzte in Deutschland aus."

Für Allgemeinmediziner Gerlach ist die Einschränkung trotzdem ärgerlich. Auch der PKV drängt auf Veränderung. "Der Start der Impfkampagne auch durch Hausarztpraxen ist ein richtiger Schritt, doch er reicht nicht aus", sagte Verbandsdirektor Florian Reuther der Deutschen Presse-Agentur. Die Politik müsse jetzt schon den nächsten Schritt vorbereiten und Impfungen auch von Betriebsärzten und allen anderen Arztgruppen ermöglichen. Gerade viele Betriebsärzte stünden sofort bereit.


Impfstart in vielen Praxen: Wie läuft die Impfung beim Hausarzt ab?


Für sie ändert sich tatsächlich bald etwas: Am Mittwoch kündigte Ministerpräsident Markus Söder zumindest für Bayern an, dass noch im April Betriebsärzte der zehn größten Unternehmen Bayerns deren Angestellte durchimpfen sollen. Und auch Fachärzte bis hin zu Zahnärzten sollen bald eingebunden werden. Wann genau, bleibt aber unklar.

Bis dahin müssen die normalen Hausarztpraxen die Arbeit stemmen - laut Gesundheitsministerium steht für mehr auch noch gar kein Impfstoff zur Verfügung. Es gebe nur eine "begrenzte Liefermenge", die "zunächst die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Hausärztinnen und Hausärzte" beziehen sollen. Fach- und Betriebsärzte sollen aber folgen. Bis dahin heißt es für Gerlach und seine Patienten: warten. Das ist ja in der Pandemie nichts Neues.

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