Kommentar: Die AfD provozierte den "Verdachtsfall"

3.3.2021, 13:22 Uhr
Im Visier der Verfassungsschützer: Die AfD wird nun bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet.

© Sascha Steinach, via www.imago-images.de, imago images/Steinach Im Visier der Verfassungsschützer: Die AfD wird nun bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet.

Das ist kein Grund zur Freude: Dass die AfD nun für den Verfassungsschutz bundesweit zum "Verdachtsfall" wird, bestürzt zunächst - weil es immerhin um die aktuell größte Oppositionspartei im Bundestag geht. Dass diese durch zahlreiche Belege eine Tendenz zum Rechtsextremismus aufweist, muss alle Demokraten erschrecken.

Zugleich ist das, was nun auf die Partei zurollt, zwiespältig. In schlechter Erinnerung sind noch die Anläufe zum NPD-Verbot, wo es grobe Fahrlässigkeiten bei den V-Leuten der Verfassungsschützer gab. So etwas wie auch die Beobachtung selbst verleiht der AfD bei manchen eine Art Märtyrer-Status - und in der Opferrolle sehen sich nicht wenige Vertreter der Partei am liebsten.

Meuthen versuchte, auf Distanz zu gehen

Dabei hat die AfD selbst nach Kräften dafür gesorgt, um ins Visier der Staatsschützer zu geraten - und viel zu wenig getan, um dies zu vermeiden. Parteichef Jörg Meuthen hat es versucht: Beim Bundesparteitag Ende November konfrontierte er die Delegierten mit dem Ausmaß an Radikalität, das in weiten Teilen der Partei herrscht. Er drängte auf Distanzierung, warnte vor Begriffen wie "Corona-Diktatur" oder "Ermächtigungsgesetz" (mit Blick auf das Infektionsschutzgesetz) - und wurde dafür ausgebuht.


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Vor knapp einem Jahr tat die AfD so, als zöge sie einen Trennungsstrich von ihrem "Flügel" - jener Gruppe mit laut Verfassungsschutz „gesichert rechtsextremistischer Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“, für die Björn Höcke stand oder der brandenburgische Fraktionschef Andreas Kalbitz.

Auf einen Rechtsextremen folgte - ein Rechtsextremer

Kalbitz wurde aus der Partei ausgeschlossen. Bezeichnend aber war, dass sein Nachfolger wieder ein ausgewiesener Rechtsextremer wurde. Und der Eindruck ist nicht falsch: Die AfD hat den "Flügel" nicht abgestoßen, sondern der "Flügel" ist drauf und dran, die AfD zu übernehmen.

Das Material, das die Verfassungsschützer gesammelt haben, ist offenbar sehr umfangreich. Kein Wunder: Es wimmelt nur so von einschlägigen Reden oder Tweets von AfD-Vertretern. Immer wieder wird da durch Beleidigungen und Diffamierungen jene Würde des Menschen verletzt, die im Grundgesetz ganz vorne steht.

Gut für die Demokratie

Solange es die AfD nicht schafft, da einen wirklich eindeutigen Trennungsstrich zu ziehen (und sie versucht es gar nicht ernsthaft), solange muss sie sich den Verdacht des Rechtsextremismus gefallen lassen. Genau der wird nun überprüft. Gut so für die Demokratie, gut so auch für diejenigen, die in der AfD eine konservative Alternative zur Union sehen, die sie aktuell keineswegs ist.

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