Kommentar: Stoppt die miesen Impfvordrängler!

12.2.2021, 13:56 Uhr

Die meisten von uns würden lieber heute als morgen gegen das Coronavirus geimpft. Klar, denn Geimpfte müssen im besten Falle gar keine Erkrankung, aber zumindest keine schweren Krankheitsverläufe mehr befürchten. Die meisten von uns unternehmen trotz dieser Verlockung keinen Versuch, sich an der vorgegebenen Impfreihenfolge vorbeizudrängeln. Sie warten einfach geduldig, wenn auch wütend über die verfehlte Beschaffungspolitik, so lange, bis sie an der Reihe sind.


Eklat: Lebenspartner von Heimleitern wurden bei Impfung vorgezogen


Umso ärgerlicher ist es, dass es nun vermehrt Meldungen von Landräten, Oberbürgermeistern, Stadträte und sogar von einem katholischen Bischof und seinem Generalvikar gibt, die eine Vorzugsbehandlung erhielten. Das ist ein wirklich mieses Verhalten, wenn sich die Vorwürfe bestätigen. Man kann es kaum fassen: Einerseits stehen Schwerstbehinderte unter Lebensgefahr, weil sie noch nicht dran sind mit der Impfung und momentan den Hochbetagten den Vortritt lassen müssen. Andererseits gibt es Menschen, die keiner Risikogruppe angehören und deswegen vermutlich erst ab Herbst an der Reihe wären, die aber jetzt schon geschützt sind.

Die Erklärungsversuche klingen fadenscheinig. So gut wie immer heißt es, die Betroffenen hätten lediglich am Ende des Tages die überschüssigen Reste des verderblichen Impfstoffes erhalten. Das klingt fast schon nach Aufopferung: Bevor das wertvolle Vakzin verfällt, nehme ich es halt. Das ist schon deswegen nicht glaubhaft, weil es eigentlich nicht schwer sein sollte, genügend berechtigte Ersatzpersonen (medizinisches Personal) zu finden.

Der Bischof ist uns eine Erklärung schuldig

Eine Begründung lässt sich immer finden. Im Falle des Augsburger Bischofs lautete sie so, dass er quasi als "Altenheimpersonal" zu betrachten sei, weil er dort regelmäßig seelsorgerliche Aufgaben wahrnehme. Ob das wirklich stimmt angesichts der vielfältigen Verpflichtungen eines amtierenden Diözesanbischofs? Manche haben schon gefordert, er solle doch bitte mal nachweisen, wie oft er in den vergangenen Monaten im Heim zu Besuch war.

Wirklich enttäuschend ist das dahinterstehende Menschenbild mancher Vordrängler. "Wir sind wichtiger als der Durchschnittsbürger", lautet die Botschaft, "für uns gelten deswegen andere Regeln." In dieses Bild passt auch der Wunsch mancher Profifußballer bzw. Vereinsvertreter, bevorzugt behandelt zu werden. Begründung: Sie seien ja immerhin Vorbilder. Das ist schon deswegen Unfug, weil die Mehrheit der Bevölkerung ja derzeit gar nicht von einer Impfung überzeugt werden muss.


In erster Impfgruppe? Zwei hochrangige Kirchenvertreter bereits mit Corona-Schutz


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn denkt nun darüber nach, ob es noch genauere Regelungen und eventuell auch Sanktionen braucht, um solche Schummeleien zu verhindern. Es ist richtig, dass er das tut. Es ist aber gleichzeitig auch traurig, dass so etwas nötig ist.

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