Kommentar: Wenig Überraschungen bei SPD-Mitgliederentscheid

26.10.2019, 19:45 Uhr
Das Ergebnis verrät: Die SPD-Basis setzt offensichtlich auf erfahrene, hochrangige Amtsträger.

© Bernd Von Jutrczenka, dpa Das Ergebnis verrät: Die SPD-Basis setzt offensichtlich auf erfahrene, hochrangige Amtsträger.

Beim Mitgliederentscheid um den SPD-Vorsitz haben es das bekannteste Paar (Olaf Scholz und Klara Geywitz) und das beliebteste Paar aus den Regionalkonferenzen (Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans) in die Stichwahl geschafft. Sie lagen nach Auszählung der Stimmen nicht so weit voneinander entfernt, dass die Sache jetzt schon so gut wie entschieden wäre. Im Gegenteil: Es dürfte ein spannender Wahlkampf werden – hoffentlich dann auch etwas inhaltsreicher, weil die Kandidatenpaare länger als ein, zwei Minuten am Stück reden dürfen.

GroKo-Gegner hatten keine Chance

Was sagt das Ergebnis über die politische Stimmung an der SPD-Basis? Sie setzt offensichtlich auf erfahrene, hochrangige Amtsträger. Scholz ist Bundesfinanzminister, Walter-Borjans war Finanzminister des einwohnerstärksten Bundeslandes NRW. Noch wichtiger: Die heftigsten GroKo-Gegner (Karl Lauterbach, Nina Scheer) schafften es nicht einmal in die Stichwahl. Hätten sie antreten dürfen, dann wäre es tatsächlich auf eine Abstimmung über die weitere Regierungsbeteiligung hinausgelaufen.

Die beiden übrig gebliebenen Teams stehen für unbedingte Koalitionstreue (Scholz/Geywitz) und eine maßvoll kritische Einstellung gegenüber der GroKo (Esken/Walter-Borjans). Es ist also eher nicht zu erwarten, dass die SPD jetzt Hals über Kopf aus der Regierung aussteigt. Beim ersten Duo wird sich gar nichts ändern, das zweite Duo wird zunächst mal nur den Tonfall verschärfen.

Aus Sicht der Union dürfte es das angenehmste mögliche Ergebnis sein. Der Vizekanzler führt vor der Stichwahl knapp. Das ermöglicht es ihm, sein Gesicht zu wahren. Nicht auszudenken für Olaf Scholz, wenn er als einer der wichtigsten Politiker der Republik beziehungsweise der SPD nur auf Platz zwei gelandet oder gar ausgeschieden wäre. Dann hätte er im Grund gleich zurücktreten können, denn wie hätte er weiter in seinen Ämtern bleiben sollen, wenn ihn die Basis beim Mitgliederentscheid wenigstens indirekt abgewählt hätte?

Hafen für die Unzufriedenen

Schwer werden dürfte es für Scholz trotz seines Vorsprungs. Denn Walter-Borjans (trotz des Alters von 67 Jahren) und Saskia Esken (trotz ihrer Unbekanntheit) dürften nun alle Unzufriedenen hinter sich vereinen. Die Jusos haben sich bereits für sie ausgesprochen, die eher linkeren unter den ausgeschiedenen Duos dürften folgen.

Und dann kommt noch eine alte Weisheit hinzu: Wer halbwegs zufrieden ist (hier: mit GroKo und Scholz), der ist schlechter zum Ausfüllen der Wahlunterlagen zu bringen als derjenige, bei dem sich großer Ärger aufgestaut hat. Und jetzt werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf die, die es unter anderen Umständen auch hätten werden können: Franziska Giffey, Malu Dreyer, Stephan Weil. Dann ist sofort zu erkennen, dass es eher Verlegenheitskandidaten waren, die antraten. Scholz, der Unbeliebte. Walter-Borjans, der Rentner. Esken und Geywitz, die komplett Unbekannten. Schade eigentlich für die SPD.

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