Macht das Nürnberger Asylamt zu viele Fehler?

14.4.2021, 19:37 Uhr
Die Linke wirft dem Nürnberger Asylamt eine hohe Fehlerquote vor. Die Bundesbehörde weist die Vorwürfe entschieden zurück.  

© Daniel Karmann, NNZ Die Linke wirft dem Nürnberger Asylamt eine hohe Fehlerquote vor. Die Bundesbehörde weist die Vorwürfe entschieden zurück.  

Im ersten Moment klingt diese Meldung höchst bedenklich: „Fast jede dritte Klage gegen Asylbescheide ist erfolgreich“, berichten zwei Nachrichtenagenturen. Im Vergleich zum Vorjahr sei 2020 die Quote der erfolgreichen Klagen von 26,4 Prozent auf rund 31 Prozent gestiegen.
Die Linke übt harsche Kritik am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf): „Diese überaus hohe Fehlerquote ist ein Armutszeugnis für die Behörde“, sagt die innenpolitische Fraktionssprecherin Ulla Jelpke. „Es kann nicht sein, dass Gerichte die Arbeit einer unfähigen Behörde übernehmen müssen.“


So häufig sind Abschiebungen in Nürnberg.


Fragt man bei der in Nürnberg ansässigen Bundesbehörde nach, sehen die Zahlen allerdings etwas anders aus. Und auch für die Zunahme der erfolgreichen Klagen gibt es eine einfache Erklärung. Die Nachricht, dass scheinbar ein Drittel aller gerichtlich überprüften Asylentscheidungen fehlerhaft war, basiert auf einer Anfrage der Linken zur Asylstatistik. „Diese Anfrage von der Linken kommt jedes Jahr“, sagt Bamf-Sprecher Stefan von Borstel. „Und leider hat Ulla Jelpke gegenüber den Medien eine Zahl unter den Tisch fallen lassen, die für das Gesamtbild wichtig ist.“

Es entstehe der Eindruck, dass ein Drittel aller Klagen erfolgreich sei und zwei Drittel nicht. Doch diese beiden Fallgruppen machen zusammen noch nicht die Gesamtmenge aus, sondern nur gut die Hälfte der Fälle. Der Rest sind sogenannte „sonstige Verfahrenserledigungen“, wie der Bamf-Sprecher erläutert: Verfahren, die eingestellt werden, weil zum Beispiel der Asylbewerber seine Klage zurückgenommen hat oder inzwischen ausgereist ist. Das Gesamtbild von 2020 sieht dann so aus: 46,2 Prozent eingestellte Verfahren, 37,2 Prozent gerichtlich bestätigte Asylentscheidungen des Bamf und 16,6 Prozent erfolgreiche Klagen von Asylbewerbern.

Ulla Jelpke fordert nun, das Bamf solle „bei Herkunftsländern mit überdurchschnittlich hoher Fehlerquote alle beklagten Bescheide von sich aus noch einmal überprüfen“. Es müsse zudem seine Entscheidungspraxis und Qualitätskontrolle ändern.

Sicherheitslage ändert sich

„Eine erfolgreiche Klage bedeutet aber nicht, dass uns bei der Beurteilung eines Asylantrags ein Fehler unterlaufen ist“, stellt von Borstel klar. „Die Entscheidungen, die vor Gericht überprüft werden, sind meist mehrere Monate her, manchmal auch schon Jahre. Da kann sich die Sicherheitslage im Heimatland verändert haben. Oder die Situation des persönlichen Umfelds des Asylbewerbers.“ Dies führe dann bei Herkunftsländern wie Afghanistan relativ häufig zu einem nachträglichen Abschiebeverbot.
Nachdem die Quote der gerichtlich aufgehobenen Asylentscheidungen in den Jahren 2018 und 2019 gesunken war, stieg sie nun von 14,5 Prozent auf 16,6 Prozent. Hauptgrund für diesen Anstieg ist laut Bamf die Corona-Pandemie, die sich seit 2020 weltweit ausbreitet und zu Einschränkungen in vielen Herkunftsländern führt, zum Beispiel bei der Suche nach inländischen Fluchtalternativen.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 127932 Asylentscheidungen vor Gericht verhandelt. Die absolute Zahl der Klagen ist ebenso wie die Zahl der Entscheidungen des Bundesamtes rückläufig, in den kommenden Tagen werden genaue Daten für die einzelnen Bundesländer veröffentlicht.

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