CDU-Chef entschuldigt sich

Merz erntet mit Sozialtourismus-Vorwurf gegen Ukrainer heftige Kritik

27.9.2022, 10:40 Uhr
CDU-Chef Friedrich Merz hat einen "Sozialtourismus" ukrainischer Flüchtlinge beklagt und damit heftige Kritik geerntet.

© Michael Kappeler, dpa CDU-Chef Friedrich Merz hat einen "Sozialtourismus" ukrainischer Flüchtlinge beklagt und damit heftige Kritik geerntet.

"Wie passt es eigentlich mit der viel beschworenen Solidarität der Union mit der Ukraine zusammen, dass Friedrich Merz im Kontext von Menschen, die vor diesem furchtbaren Angriffskrieg fliehen, von „Sozialtourismus“ spricht?", fragte die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang auf Twitter. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr bezeichnete Merz` Aussagen als „absolut deplatziert“ und sagte: „Die Menschen aus der Ukraine kommen zu uns, weil sie vor Putins brutalem Krieg fliehen. Viele von ihnen haben alles verloren und bangen um ihre Angehörigen.“

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann schrieb auf Twitter: "Sich durch die Abwertung anderer Menschen profilieren zu wollen, ist ein Instrument zu dem Rechtspopulisten regelmäßig greifen. Das weiß auch Friedrich Merz. Ihm scheint jedes Mittel recht zur Eigenprofilierung."

"Besser gestellt"

Merz hatte Bild TV am Montagabend gesagt: "Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge: nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine." Der Hintergrund laut Merz: Anfangs hatten Ukraine-Flüchtlinge Anspruch auf Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz - seit Juni erhalten sie Grundsicherung, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger, und sind damit besser gestellt.

Merz entschuldigte sich inzwischen für seine Wortwahl: „Wenn meine Wortwahl als verletzend empfunden wird, dann bitte ich dafür in aller Form um Entschuldigung“, twitterte er. Zu seinen Äußerungen über die Flüchtlinge aus der Ukraine gebe es viel Kritik, erklärte Merz und ergänzte: „Ich bedaure die Verwendung des Wortes „Sozialtourismus“. Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems.“

Merz schrieb weiter, sein Hinweis „galt ausschließlich der mangelnden Registrierung der Flüchtlinge. Mir lag und liegt es fern, die Flüchtlinge aus der Ukraine, die mit einem harten Schicksal konfrontiert sind, zu kritisieren.“

Unwort des Jahres 2013

Die „Unwort“-Jury aus Sprachwissenschaftlern hatte das Wort „Sozialtourismus“ im Jahr 2013 zum Unwort des Jahres bestimmt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt, von schweren Repressionen bedrohte Deserteure erhielten im Regelfall internationalen Schutz in Deutschland.

Für den Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin steht außer Frage, dass auch russische Kriegsverweigerer in Deutschland Schutz bekommen sollten: "Wer versucht, das zu verhindern, betreibt das Geschäft des Kriegstreibers Wladimir Putin", sagte er.

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