Nahles ist weg - doch allein damit hat die SPD nichts geklärt

2.6.2019, 11:20 Uhr
Andrea Nahles tritt den Rückzug in der SPD an.

© John MacDougall/AFP Andrea Nahles tritt den Rückzug in der SPD an.

Vermutlich hat sie sich mit ihrem Doppel-Rücktritt selbst den größten Gefallen getan. Nach allen Gesetzmäßigkeiten des politischen Berlin hätte es Andrea Nahles langfristig wohl nicht geschafft, sich als Partei- und Fraktionsvorsitzende zu halten. Es war zum Schluss schon ziemlich hässlich, wie da an ihren Stühlen gesägt wurde.

 

 

Aber hat die Chefin auch ihrer SPD einen Gefallen getan? Wird es den Sozialdemokraten nach einem Austausch von Nahles in irgendeiner Art und Weise besser gehen? Wohl eher nicht. Denn das Problem der Partei ist struktureller Art und weniger personeller Art. Sicher, man kann manches am Auftreten von Nahles für überflüssig und kindisch halten - etwa das Pippi-Langstrumpf-Gesinge im Bundestag -, aber in ihrer Arbeit als SPD-Vorsitzende wurde sie unterschätzt.

SPD wird weiter durch die Politik irrlichtern

Die 48-Jährige hat in einem äußerst schwierigen Jahr ihre Partei zusammengehalten, die GroKo-Gegner mit den GroKo-Befürwortern zumindest notdürftig versöhnt und versucht, der SPD angesichts der Unions- und Merkel-Dominanz ein eigenes Profil zu verschaffen. Richtig gelungen ist ihr das nicht. Aber das hätte auch ein anderer nicht geschafft.


Die Unvollendete: Nahles startete früh - nun gibt sie früh auf. Ein Porträt.


Die Großen Koalitionen (unter einer gefühlt sozialdemokratischen Kanzlerin) haben den Sozialdemokraten ihre Seele geraubt. Kaum ein Wähler weiß noch, warum er bei dieser Partei sein Kreuz machen soll. Es gibt linkere, wirtschaftsfreundlichere und grünere Alternativen. Die SPD ist von alledem etwas und das kommt angesichts des zunehmenden Schwarz-Weiß-Denkens in der Gesellschaft nicht mehr gut an.

Es ist also mit dem Abschied von Nahles so gut wie nichts gelöst. Die Sozialdemokraten werden weiterhin durch die Politik irrlichtern, der Juso-Chef Kevin Kühnert dürfte noch größeren Einfluss gewinnen und die GroKo ist in ihrem Fortbestand extrem gefährdet. Die nunmehr Ex-Chefin kann das im Bundestag mit etlichen anderen Ex-Chefs (Gabriel, Münterfering) verfolgen. Die Last, für den bisher kaum dagewesen Abstieg einer Partei verantwortlich gemacht zu werden, muss sie nicht mehr tragen.

Verwandte Themen


14 Kommentare