Nasenspray gegen Corona? Chefarzt gibt Tipps

23.3.2020, 18:33 Uhr
Manche Nasensprays sind schon ausverkauft - vor Coronaviren schützen sie aber nicht.

© Foto: B. Bulychev/colourbox.de Manche Nasensprays sind schon ausverkauft - vor Coronaviren schützen sie aber nicht.

Herr Ficker, unter Laien kursieren derzeit viele fragwürdige Tipps. Selbst manche Apotheker empfehlen jetzt bestimmte Nasen- und Mundsprays zum Schutz vor Corona.

Joachim Ficker: Das ist sinnlos, das schützt nicht. Ich kenne diese Mittel. Manche davon sind schon so stark gefragt, dass sie ausverkauft sind.

Prof. Joachim Ficker ist ärztlicher Leiter der Klinik für Pneumologie am Klinikum Nürnberg und Universitätsprofessor der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität.

Prof. Joachim Ficker ist ärztlicher Leiter der Klinik für Pneumologie am Klinikum Nürnberg und Universitätsprofessor der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität. © Foto: Günter Distler

Wie sinnvoll ist ein Mundschutz?

Ficker: Ein Gesunder, der zum Beispiel Einkaufen geht, braucht keinen Mundschutz. Etwas anderes sind Situationen, in denen man sehr viel Kontakt hat und immer wieder in eine Aerosolwolke gerät, diese Tröpfchenwolke, die Menschen beim Sprechen ausstoßen. So ergeht es zum Beispiel Kassiererinnen. Da habe ich Verständnis für einen Mundschutz. Es muss keine FFP2-Maske sein, genügen würde ein normaler chirurgischer Mundschutz, einfach damit keine Tröpfchen reinkommen. Aber der Kunde, der an der Kasse zahlt, braucht das nicht. Wer eine Infektion hat und ganz dringend aus dem Haus muss, zum Arzt oder in die Klinik, der soll bitte einen Mundschutzmaske tragen: damit er keine Aerosolwolke produziert, in die andere hineinlaufen könnten.

Wer infiziert ist, weiß das nicht immer. Man kann ja schon ansteckend sein, bevor die ersten Symptome spürbar sind.

Ficker: Wenn jemand ein Kratzen im Hals hat oder einen leichten Husten, ist es nicht falsch, einen Mundschutz aufzusetzen, um andere zu schützen. Man kann bei Covid-19 schon vor den ersten Symptomen ansteckend sein. Aber es kann ja nicht jeder immer mit einem Mundschutz herumlaufen. Hier ist es im Augenblick wichtiger, möglichst zuhause zu bleiben und ansonsten Abstand zu anderen Menschen zu halten. Das ist ja auch die Idee hinter einer Ausgangsbeschränkung.

Man sieht auf der Straße auch hochgezogene Schals, im Internet kursieren Tipps zum Nähen und Basteln von Mundschutz ...

Ficker: Wenn einem das Spaß macht, kann man das machen, aber einen wirksamen Schutz bietet das nicht. Wer keinen Mundschutz braucht, und das gilt eben für die meisten, der braucht auch keinen Schal hochzuziehen. Lieber zuhause bleiben. Mitunter wiegt man sich durch solche Schutzmaßnahmen in falscher Sicherheit und vernachlässigt die relevanten Regeln wie Händewaschen und zwei Meter Abstand halten. Das Risiko für den Durchschnittsbürger besteht im Alltag nicht nur durch eine Inhalation von Viren durch Nase und Mund, sondern auch durch eine Übertragung zum Beispiel an Türklinken. Hier können Viren für einige Stunden infektiös bleiben, dann hat man infektiöse Viren am Finger. Und wenn es dann in der Nase oder im Auge juckt, fasst man sich ins Gesicht und schon ist das Virus da, wo es hin will.

Anfangs hielt man nur betagte und kranke Menschen für besonders gefährdet durch das Coronavirus. Aber auch Raucher sind eine Art Risikogruppe.

Ficker: Das ist richtig so, beim Rauchen in jeder Dosis. Schon eine Zigarette am Tag erhöht das Risiko, sich Corona zu holen und sie erhöht auch das Risiko eines schweren Verlaufs. Gesunde Bronchien haben eine dichte Epithelbarriere, sie sind innen lückenlos ausgekleidet. Da hat das Coronavirus wie auch jedes andere Virus weniger Chancen auf eine Infektion. Wenn durchs Rauchen diese Epithelbarriere beschädigt wird, ist das Risiko einer Infektion erhöht. Rauchen beeinträchtigt die gesamten Atemwege, auch den Rachen.

Müssen sich Menschen mit leichten Vorerkrankungen wie Heuschnupfen Sorgen machen?

Ficker: Heuschnupfen spielt als Risikofaktor überhaupt keine Rolle. Es gibt in diesem Zusammenhang eine Fehleinschätzung, die leider auch über den Charité-Virologen Christian Drosten verbreitet wurde: Dass die Cortisonpräparate, die man beim allergischen Asthma inhaliert, das Risiko erhöhen. Das ist falsch. Ein Asthmatiker, der ein Cortisonspray braucht, der muss auf jeden Fall auch in Zeiten von Corona sein Spray weiter nehmen. Das ist inzwischen auch eine offizielle Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie. Man muss differenzieren zwischen cortisonhaltigem Asthma-Spray und Cortisontabletten. Wer lange Zeit Tabletten braucht, hat ein etwas erhöhtes Risiko, es kommt da auf die Dosis an. Aber das inhalative Cortison für Asthmatiker macht die Bronchien gesund, und gesunde Bronchien haben eine erhöhte Abwehrkraft gegen Corona.

Wie sieht es mit Erkältungen aus, die ja auch die Atemwege vorbelasten können?

Ficker: Eine normale Erkältung wird keinen Einfluss haben. Ein Risiko würde ich sehen, wenn jemand Influenza hat, also die echte Grippe, und es dann zu einer Doppelinfektion mit Grippe und Corona kommt. Bei solchen Patienten kann die Erkrankung einen schweren Verlauf nehmen.

Auf der Suche nach Medikamenten experimentieren Forscher jetzt auch mit Mitteln gegen Ebola oder HIV. Das klingt etwas abenteuerlich.

Ficker: Es gibt da tatsächlich ein paar Sachen, die keinen großen Sinn machen. Wir haben aber am Klinikum Nürnberg durch eine Genehmigung der Regierung von Mittelfranken Zugang zu einem Medikament, das ursprünglich für Ebola entwickelt wurde. Das ist vorbereitet für ganz verzweifelte Fälle, die wir noch nicht haben, die aber möglicherweise kommen. Es gibt bestimmte Wirkungsmechanismen, dank denen dieses Medikament gegen Ebola wirken kann und gleichzeitig gegen Sars-Viren. Das Medikament ist noch nicht zugelassen, aber schon getestet. Wenn ein Corona-Patient lebensbedrohlich erkrankt ist, dann werden wir dieses Medikament einsetzen, auch wenn es noch nicht zugelassen ist. Denn es kann tatsächlich helfen und andererseits kennen wir die möglichen Nebenwirkungen aus den Ebola-Studien. Das ist dann eine ethisch und ärztlich korrekte Abwägung.

Auch nach Impfstoff wird fieberhaft gesucht. Warum dauert das so lange, trotz der Erfahrungen mit Sars und Mers?

Ficker: Man hat nach Sars und Mers versucht, Impfstoffe dagegen zu entwickeln. Es gab auch Teilerfolge, aber bis heute keinen richtig guten Impfstoff. Impfstoffentwicklung ist etwas schwieriges und langwieriges. Man kann nichts auf Vorrat entwickeln für den Fall, dass irgendein Virus kommt. Der Impfstoff muss hochpräzise genau zu diesem Virus passen. Was jetzt an Forschung läuft, ist beeindruckend. Ein unglaublicher konzertierter Aufwand in vielen Ländern. Es ist sensationell, welche Fortschritte die Wissenschaft macht. Das sind Geschwindigkeiten, wie wir sie nie zuvor hatten.


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