Hilft Corona gegen "Abschulungen"?

"Schweinezyklus besonderer Art": Verband beklagt Lehrermangel

8.6.2021, 11:47 Uhr
Laut dem Lehrerverband BLLV hat die Corona-Pandemie den chronischen Lehrermangel an Grund-, Mittel- und Förderschulen nur überdeckt.

© Philipp von Ditfurth/dpa Laut dem Lehrerverband BLLV hat die Corona-Pandemie den chronischen Lehrermangel an Grund-, Mittel- und Förderschulen nur überdeckt.

BLLV-Vizepräsident Gerd Nitschke zeigte sich erstaunt, dass für das Schuljahr 2021/2022 immer noch keine Schüler- und Lehrerbedarfsprognose vorliege. Die dienstrechtlichen Maßnahmen, die Anfang vergangenen Jahres unter Protest der Lehrerlobby zur Schließung von Lücken an den Grund-, Mittel- und Förderschulen angeordnet wurden, würden ohnehin fortgeführt, erläuterte Nitschke: "Dem Kultusministerium bleibt gar nichts anderes übrig".

Darüber hinaus folgert Fleischmann aus der "Verschiebung von Vollzeitkapazitäten" aus Förderunterricht, Deutsch-Vorkursen und "Randbereichen" an Grund-, Mittel- und Förderschulen, dass dort 650 Lehrer fehlen werden. Knapp 16.000 Unterrichtsstunden sollen durch "pädagogisch vorgebildetes Personal" übernommen werden, sagte Nitschke, etwa durch Lehramtsstudierende oder "echte Quereinsteiger". Das "Streichkonzert" laufe Bemühungen um Bildungsgerechtigkeit und ganzheitliche Bildung zuwider, kritisierte Fleischmann.


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Das Grundübel verortete die BLLV-Präsidenten bei der Weigerung der bayerischen Schulpolitik, auf eine flexible Lehrerbildung umzustellen, so dass ausgebildete Lehrer in verschiedenen Schularten eingesetzt werden könnten. Weil viele Lehramtsstudierende für die Mittelschule nach dem Wegfall des Numerus Clausus für das Lehramt an Grundschulen umgestiegen seien, werde man in einigen Jahren zu viele Grundschullehrer, aber zu wenige Mittelschullehrer haben, sagte Fleischmann voraus: "Ein Schweinezyklus besonderer Art".

Wer die Schuldigen sind

Die jetzt bevorstehende Vernachlässigung der "Randfächer" wertete Fleischmann als "Bankrotterklärung". Der BLLV werde den "pädagogischen Schweinereien" seine Zustimmung verweigern, sich aber auch gegen weitere dienstrechtliche Maßnahmen zur Wehr setzen. Es sei die Aufgabe der bayerischen Staatsregierung, aus diesem Dilemma herauszukommen. "Lösen muss es die Staatsregierung", so die BLLV-Präsidentin: "Das sind dann auch die Schuldigen".


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Die Pandemie hat offenbar das unangenehme Kapitel "Abschulung" entschärft. Die Zahl der Schüler, die im bayerischen Schulsystem nach "unten" durchgereicht wurden, waren in der Gesundheitskrise offen bar deutlich geringer, berichtete Fleischmann: "Genau das wollen wir". Es sei "komisch", dass eine Pandemie nötig sei, um dies zu erreichen. "Abschulungen" stellten für die Kinder stets eine hohe psychische Belastung dar.

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