Söder-Biographie: "Superheldencape" und "Rettet die Bienen"

5.2.2021, 05:53 Uhr
Mittlerweile trägt Markus Söder natürlich FFP2-Masken. Zu Beginn der Pandemie hat er die weiß-blauen Rauten zu bundesweiter Berühmtheit geführt. Diese Masken trug er, so schreibt seine Biografin, wie ein "Superheldencape".

© Foto: Peter Kneffel/dpa Mittlerweile trägt Markus Söder natürlich FFP2-Masken. Zu Beginn der Pandemie hat er die weiß-blauen Rauten zu bundesweiter Berühmtheit geführt. Diese Masken trug er, so schreibt seine Biografin, wie ein "Superheldencape".

Ein Mensch, der in allen Umfragen zur K-Frage unangefochten vorne liegt, muss doch nett und sympathisch rüberkommen. Markus Söder, dem derzeit aussichtsreichsten Unions-Kandidaten für die Merkel-Nachfolge, sagen allerdings die Wenigsten nach, dass er nett und sympathisch sei.


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"Niemand kann ihn besonders gut leiden. Trotzdem folgen ihm alle. Auch ich." So beginnt denn auch die Spiegel-Reporterin Anna Clauß ihre Biografie über den 54-Jährigen Nürnberger. Die 175 unterhaltsamen Seiten warten sogar mit einer echten Neuigkeit auf – eine, die Söder auf der Sympathieskala einige Stufen nach oben katapultieren kann.

Seehofer hat er nicht verraten

Denn die München-Korrespondentin des Hamburger Nachrichtenmagazins entkräftet ein Gerücht, das sich hartnäckig seit 2007 gehalten hat. Angeblich, so das Gerücht, sei Söder es gewesen, der Details aus dem Privatleben seines innerparteilichen Dauerrivalen Horst Seehofer verraten habe. Der damalige Bundestagsabgeordnete Seehofer hatte seinerzeit eine Liaison mit einer Unionsmitarbeiterin in Berlin. Diese wurde an die Presse durchgestochen – just in dem Moment, als Seehofers junge Geliebte schwanger war.

"All das, was Markus Söder damals vorgeworfen wurde, ist kompletter Blödsinn", zitiert Clauß die damalige Chefreporterin der Bild-Zeitung. Das Boulevardblatt hatte exklusiv über die Affäre berichtet. In dieser Angelegenheit ist Söder also reingewaschen. Überhaupt verlief Söders bisheriges Politikerleben "ziemlich skandalfrei", so Clauß. Soweit die positiven Aspekte.

"Bizarre Lust der Selbstdarstellung"

In der Bewertung der Person Söders decken sich Clauß‘ Einschätzungen mit denen vieler professioneller Beobachter. Eine "barocke und bisweilen bizarre Lust an der Selbstdarstellung" attestiert sie dem CSU-Chef. Und spielt damit auch auf dessen Auftritte in Pandemiezeiten an. Die weiß-blaue Gesichtsmaske trage Söder dabei "wie ein Superheldencape", und auch vor symbolträchtigen Pressefotos vor Klopapiertürmen schrecke der PR-Profi nicht zurück.

Die nicht nur zur Faschingszeit bemerkenswerte Wandlungsfähigkeit des Juristen entging Clauß ebenso wenig: Söder betreibe Politik "wie ein Möbelpacker. Der interessiert sich auch nicht für ferne Ziele, sondern ordnet in Kisten ein, was vor ihm liegt, und trägt sie weg, wenn sie im Weg stehen".


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Ökologische Pluspunkte: Rettung der Bienen

Im Weg stand Söder wohl auch, so die Autorin, der Vorwurf, die CSU sei zu wenig ökologisch. Die Folge war eine plötzliche Ergrünung des Ministerpräsidenten. Mit der Rettung der Bienen startete er einen ganzen Reigen ökologischer Projekte.

Aus Überzeugung? Eher nicht, meint Clauß: Söder "folgt keinem grünen Kompass, sondern der politischen Großwetterlage". Eben wie ein politischer Möbelpacker. Zu den Erfolgsfaktoren Söder‘scher Politik zählt ohne jeden Zweifel die Gabe, Probleme möglichst ideologiefrei zu lösen. Und dabei Macherqualitäten unter Beweis zu stellen – ein Zweiklang, der ihn in den bayerischen Polit-Olymp geführt hat.

Bleibt er da? Oder steigt Söder im Herbst nach den Bundestagswahlen in den Berliner Himmel auf? Clauß kann diese Fragen nicht beantworten. Zuzutrauen sei ihm der Job im Kanzleramt allemal, daran lässt die Autorin keine Zweifel aufkommen.

Leben ohne Rückzugsraum

Denn Söder lebt für die Politik. Die Spiegel-Redakteurin beschreibt das am Beispiel eines Diskussionsabends unserer Zeitung, der 2018 im Gutmann am Dutzendteich über die Bühne ging, also nur wenige Kilometer von Söders Zuhause entfernt: "Obwohl das Rededuell der Nürnberger Nachrichten in seinem Wahlkreis stattfindet, fährt er um 21 Uhr nicht etwa nach Hause, sondern in seine Zweitwohnung nach München."

Rückzugsräume, folgert Clauß, "scheint Söder kaum zu brauchen". Keine schlechte Voraussetzung für einen Umzug in die Bundeshauptstadt.

INFO: Anna Clauß: Söder. Die andere Biographie, Hoffmann und Campe, 175 Seiten, 20 Euro

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