Aiwanger wehrt sich gegen Vorwürfe

"Weltbeste Tests" aus Bayern doch nur ein Flop?

23.8.2021, 16:47 Uhr
Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gerät bezüglich der von ihm groß angekündigten PCR-Tests der Firma GNA BioSolutions aus Planegg bei München in die Kritik. 

© Matthias Balk, dpa Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gerät bezüglich der von ihm groß angekündigten PCR-Tests der Firma GNA BioSolutions aus Planegg bei München in die Kritik. 

Das jedenfalls geht aus der Antwort des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek auf eine Anfrage der SPD-Gesundheitspolitikerin Ruth Waldmann hervor. Die von Aiwanger als "weltbeste Tests" angekündigten Verfahren seien offenbar "ein grandioser Flop", erklärte Waldmann am Montag in München. Aiwanger selbst hat eine ganz andere Sicht auf den Vorgang.

Freistaat sicherte sich Bezugsrechte

Zwischen Weihnachten und Silvester 2020 hatte Aiwanger mit einer Pressekonferenz kurzzeitig Schlagzeilen gemacht, als er in seinem Ministerium die PCR-Tests der Firma vorstellte. Diese sollten weitaus zuverlässiger als Schnelltests, aber deutlich billiger als PCR-Tests sein. Der Freistaat habe sich das Bezugsrecht für 1.000 Testgeräte der Marke Octea inklusive einer Million Einzeltests gesichert.

Pilotstudie liegt noch nicht vor

Die tragbaren Geräte sollten an Flughäfen, Bahnhöfen, Autobahnen sowie in Krankenhäusern und Seniorenheimen genutzt werden. Doch Aiwanger hatte seine optimistische Rechnung offenbar ohne die deutschen Zulassungsverfahren gemacht. Wie das Gesundheitsministerium mitteilte, liegt auch acht Monate nach Vorstellung des Schnelltests eine Pilotstudie, die Voraussetzung für die Zulassung des Verfahrens ist, noch nicht vor.

Vorher aber könne überhaupt nicht mitgeteilt werden, wo und in welchem Umfang die neuen Schnelltests eingesetzt werden könnten. Bisher bleibt es bei den sechs Geräten inklusive 60.000 Testmöglichkeiten, welche das Ministerium bereits im Dezember 2020 geordert hatte.

"Furchtbar wichtig gemacht"

Die Kosten für die sechs Geräte wurden mit 630.000 Euro plus Umsatzsteuer angegeben. Die noch nicht abgeschlossene Pilotstudie wurde mit 50.000 Euro bezuschusst. Darüber hinaus hat Aiwangers Ministerium für das Octea-Projekt acht Millionen Euro in die Firma GNA BioSolutions investiert. Aus der Sicht der SPD-Politikerin wurden über 680.000 Euro "in den Sand gesetzt". Außerdem will Waldmann wissen, wofür die acht Millionen geflossen sind". Je nach Verkaufserlösen sollte Geld an das Ministerium zurückfließen.

Verkaufserlöse an das Ministerium?

Ob es zu solchen Verkaufserlösen noch kommt, ist offen. Wissenschaftliche Auswertungen benötigten eben "einige Zeit", so Gesundheitsminister Holetschek. Nicht einmal die bayerische Staatsregierung könne das beschleunigen.

Einer hat jedoch offensichtlich geglaubt, das hinkriegen zu können. Nach weder bestätigten noch dementierten Medienberichten soll der ehemalige CSU-Landtagsabgeordnete Alfred Sauter in seiner Eigenschaft als Anwalt 300.000 Euro in Rechnung gestellt haben, weil er sich für eine Sonderzulassung der Tests eingesetzt haben soll. Der Abschlussbericht liege "in Kürze" vor, teilte Wirtschaftsminister Aiwanger unterdessen mit.

Einsatz der bayerischen PCR-Tests ungewiss

Ob die in Bayern entwickelten PCR-Schnelltests in der Pandemiebekämpfung noch eingesetzt werden können, sei von Anfang an "unklar" gewesen. Dies lasse befürchten, dass die Gelder entweder "auf gut Glück oder dank besserer Connections geflossen sind", so die SPD-Politikerin. Jedenfalls hätten die Minister Aiwanger und Holtschek Gelegenheit gehabt, sich "furchtbar wichtig" zu machen und "ungelegte Eiere zu begackern".

Aiwanger: "Ich habe geliefert"

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bedauerte die Entwicklung und machte die Corona-Strategie der Bundesregierung mitverantwortlich. Die Unterstützung für das Testverfahren sei angesichts unzureichender Laborkapazitäten und langer Wartezeiten auf Corona-Testergebnisse im Frühjahr 2020 die richtige Entscheidung gewesen, so der Minister. Trotz der Vorteile des Octea-Systems in Bezug auf Schnelligkeit und Sicherheit sei es im Coronawinter 2020/21 "leider nicht eingesetzt" worden. Mit schnellen und sicheren PCR-Tests und Maske hätten beispielsweise Hotels, Kultureinrichtungen, Freizeiteinrichtungen und Restaurants offen bleiben können.

Corona nicht der einzige Anwendungsfall

"Die Bundesregierung hat sich aber für den Lockdown entschieden. "Für alle weiteren Entscheidungen liegt der Ball bei den zuständigen Behörden, so Aiwanger: "Ich habe geliefert, für den Einsatz bin ich nicht zuständig." Corona sei im Übrigen nicht der einzige Anwendungsfall für das Testsystem. Es sei "durchaus wahrscheinlich, dass dieses Verfahren auch in Zukunft, losgelöst von Corona, zum Einsatz kommt." Mit jedem verkauften Gerät verdiene Bayern mit.

Behauptungen der SPD seien "unqualifiziert"

Bayern befinde sich mit der Delta-Variante mitten in der vierten Coronawelle, die Infektionszahlen steigen. Corona-Tests werden nach Einschätzung Aiwangers noch sehr lange eine wichtige Rolle für das öffentliche Leben spielen. Die Behauptungen der SPD wies der Minister als "unqualifiziert" zurück: "Bei Forschung und Entwicklung gibt es keine Erfolgs- und Anwendungsgarantien."

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