Pandemie

Wunder am Arbeitsmarkt: Drei Gründe, warum wir so gut durch die Corona-Krise kamen

2.6.2021, 05:55 Uhr
Bick auf Berlin: Für die Bundesrepublik ist es die größte Krise der Nachkriegsgeschichte, für den deutschen Arbeitsmarkt: nur eine Delle. 

© Christophe Gateau, dpa Bick auf Berlin: Für die Bundesrepublik ist es die größte Krise der Nachkriegsgeschichte, für den deutschen Arbeitsmarkt: nur eine Delle. 

Für die Bundesrepublik ist es die größte Krise der Nachkriegsgeschichte, für den deutschen Arbeitsmarkt: nur eine Delle. Eine halbe Million Menschen haben als Folge der staatlichen Einschränkungen zwar ihre Arbeit verloren, berichtet die Nürnberger Bundesagentur für Arbeit. Die meisten arbeiteten zuvor im Gastgewerbe und im Handel, also den Branchen, die am heftigsten von den Lockdowns betroffen waren (und teils noch sind). Ohne Corona würde die Arbeitslosenquote heute bei 4,9 liegen statt bei 5,9 Prozent.

Doch: „Das ist immer noch moderat“, sagt Bundesagentur-Chef Detlef Scheele. „In anderen Zeiten hätten wir uns solch eine Quote gewünscht.“ Drei Gründe, warum wir so gut durch die Krise kamen:

1. Der Sozialstaat beugte einer neuen Massenarbeitslosigkeit vor

Geht Firmen die Arbeit aus, müssen sie ihre Mitarbeiter nicht entlassen, sondern können sie auch in Kurzarbeit schicken. Die Betroffenen arbeiten dann weniger oder gar nicht mehr, der Staat übernimmt einen Teil ihrer Gehälter.

Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise im Frühjahr 2020 waren sechs Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit - eine Zahl, die in der Geschichte Deutschlands ihresgleichen sucht. Zum Vergleich: Der vorherige Rekord lag bei eineinhalb Millionen Kurzarbeitern in der Zeit der Finanzkrise 2008/2009. Ohne das Instrument wären heute Millionen Menschen zusätzlich arbeitslos.

2. Der massive Einsatz von Steuergeldern verhinderte die Kernschmelze am Arbeitsmarkt

Der Arbeitslosenversicherung ging trotz einer über Jahre angehäuften enormen Rücklage schnell das Geld aus - Hauptgrund waren die Kurzarbeiterzahlen. Der Bund sprang ein und überwies knapp zehn Milliarden Euro. Immerhin scheint das Geld gut investiert: Die Befürchtung, auf das Auslaufen der Kurzarbeit würden Entlassungen im großen Stil folgen, hat sich bislang als unbegründet erwiesen. Auch sieht die Bundesagentur keine Anzeichen für eine größere Insolvenzwelle.

3. Der Megatrend der 2020er Jahre auf dem Arbeitsmarkt stärkt Arbeitnehmer auch in Zeiten großer Krisen

„Hire and fire“, schnell einstellen und schnell wieder entlassen, am besten ohne lästige Kündigungsfristen: Mit diesem amerikanischen Modell liebäugelten auf dem Höhepunkt des Neoliberalismus um die Jahrtausendwende auch viele deutsche Firmenchefs, inzwischen wissen sie es (meist) besser.

Mit dem Renteneintritt der Babyboomer-Generation - der Megatrend auf dem Arbeitsmarkt der 2020er Jahre - werden Arbeitnehmer rar, insbesondere gut qualifizierte. Jede Entlassung aufgrund kurzfristiger Krisen wird da zum riskanten Spiel für Unternehmensleitungen, wie Bundesagentur-Chef Scheele sagt. „Die Mitarbeiter, die man heute entlässt, bekommt man morgen vielleicht nicht wieder.“


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