Einbürgerung für Chia Rabiei gefordert

Würzburg: Deutscher Pass für den als Helden gefeierten Iraner?

29.6.2021, 14:18 Uhr
Chia Rabiei, Kurde mit iranischer Staatsbürgerschaft, steht vor dem Kaufhaus in der Würzburger Innenstadt, in dem ein 24-Jähriger Menschen mit einem Messer attackiert hatte.

© Carolin Gißibl, dpa Chia Rabiei, Kurde mit iranischer Staatsbürgerschaft, steht vor dem Kaufhaus in der Würzburger Innenstadt, in dem ein 24-Jähriger Menschen mit einem Messer attackiert hatte.

Chia Rabiei ist am Freitagnachmittag in der Würzburger Innenstadt unterwegs. Dann sieht der 42-Jährige den 24-jährigen Messer-Attentäter, einen abgelehnten Asylbewerber aus Somalia. Der Angreifer sticht auf einen Mann ein. "In dem Moment wurde mir schwarz vor Augen. Ich konnte es nicht aushalten und ging auf den Angreifer zu", beschreibt Rabiei die Momente vor seinem heldenhaften Handeln dem Bayerischen Rundfunk gegenüber.

Rabiei springt vor und wieder zurück. Mit seinem rechten Arm wirbelt der 42-Jährige eine weiße Handtasche umher. Ihm jetzt direkt gegenüber der Angreifer, noch immer bewaffnet mit dem langen Messer, mit dem er zuvor grausam drei Frauen ermordet und sieben andere Menschen verletzt haben soll. Kampfartige Bewegungen hindern den Attentäter, weitere wehrlose Menschen anzugreifen. "Ich habe versucht, ihn beschäftigt zu halten, bis die Polizei kommt", erzählt Rabiei der Deutschen Presse-Agentur.

Deutsche Staatsbürgerschaft als Dank realistisch?

Diese detaillierten Beschreibungen sind möglich, weil Passanten das mutige Handeln von Rabiei filmten. Die Aufnahmen landeten kurz darauf im Internet. Das Netz feiert Rabiei. "Bleiberecht", "ehrenhafte Einbürgerung" und "bitte die deutsche Staatsbürgerschaft vergeben" sind Forderungen aus den Social-Media-Kommentarspalten. "Im Film würde ihm eine Ehrenmedaille und die Einbürgerung geschenkt für solch eine Tat...", schreibt ein Twitter-User. Und wie sieht es im wahren Leben aus? Könnte Chia Rabiei aufgrund seiner Zivilcourage die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten?

Der 42-Jährige ist Kurde mit iranischer Staatsbürgerschaft und lebt nach eigenen Aussagen seit 18 Monaten in Deutschland, derzeit in einer Asylbewerberunterkunft in Würzburg. Rabieis Asylverfahren läuft noch. "Freihand zu sagen, der bleibt jetzt da, das funktioniert nicht", sagt Hubert Heinhold im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung (SZ). Heinold ist Rechtsanwalt und Experte im Ausländer- und Asylrecht sowie im Einbürgerungs- und Staatsangehörigkeitsrecht. "Eine Naturalisation, also eine Einbürgerung, einfach so ins Blaue hinein, das kennt das deutsche Staatsangehörigkeitsgesetz nicht", schätzt Heinold für die SZ weiter ein.

Eine Ermessenseinbürgerung, von der zum Beispiel Spitzensportler profitieren, sei für den 42-Jährigen "überhaupt nicht drin", so Heinold. Rabiei kann die Mindestaufenthaltszeit in Deutschland für eine Einbürgerung nicht vorweisen.


"Es tut so weh": Söder mit emotionalen Worten nach Messerattacke


Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will Rabiei und die weiteren mutigen Helfer mit der Bayerischen Rettungsmedaille auszeichnen. "Man muss sich die Situation noch mal vorstellen. Da läuft jemand rum mit einem Messer, sticht Menschen ab, und Leute kommen mit einem Stuhl oder einem Besenstil und verhindern Schlimmeres, retten Leben und treiben den dann auch so in die Enge, dass am Ende die Polizei auch schnell zugreifen konnte", sagte Söder der Zeitung Welt.

Lobende Worte und mögliche Auszeichnungen werden Rabiei nicht im regulären Asylverfahren weiterhelfen können, heißt es aus dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Das Bamf prüfe generell nur, ob und welche Gefahr dem Asylsuchenden bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland droht. "Andere Leistungen kann und darf das Bundesamt bei der Entscheidung im Asylverfahren nicht berücksichtigen", so ein Bamf-Sprecher.

Experte Heinold möchte nicht komplett ausschließen, dass das mutige Handeln des 42-Jährigen doch noch Einfluss auf das Asylverfahren haben könnte. Immerhin sei durch die zahlreichen Medienberichte nun auch den iranischen Behörden sein voller Name zugänglich. "Es ist doch nicht gänzlich auszuschließen, dass dort jemand den Fall so sieht, dass er einen muslimischen Menschen davon abgehalten hat, gottgefällige Taten zu vollbringen", so Heinold, der den theoretischen Gedanken so zu Ende bringt, dass man in Teheran ja schlussfolgern könnte: "Wenn der nach Iran zurückkehrt, dann müssen wir ihn einsperren."

Und Rabiei selbst? Er habe es nicht für Ruhm oder einen deutschen Pass gemacht. Er wollte einfach nur helfen. In einem Telefonat mit der SZ sagt er aber auch, dass er sich natürlich freuen würde, sollte er für sein Engagement tatsächlich die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen. Falls nicht, werde er ganz normal wie alle anderen Asylbewerber auf einen Termin bei der Ausländerbehörde warten.

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