Unterschiedliche Freibeträge

Kindern oder Freunden steuerfrei Geld schenken: Das müssen Sie dazu wissen

4.8.2021, 09:46 Uhr
Geben mit warmer Hand: Wer sich zu Lebzeiten zum Verschenken von Geld, Sachwerten und Immobilien entschließt, erlebt meist, was aus dem Präsent wird.

© Foto: Andrey Popov/imago images Geben mit warmer Hand: Wer sich zu Lebzeiten zum Verschenken von Geld, Sachwerten und Immobilien entschließt, erlebt meist, was aus dem Präsent wird.

Wer sein Vermögen schon zu Lebzeiten unter seinen Erben aufteilen möchte, sollte sich beeilen: Alle zehn Jahre bleiben Geschenke innerhalb der persönlichen Freibeträge steuerfrei. Kinder und Stiefkinder können von den Eltern 400 000 Euro bekommen, ein Enkel 200 000 Euro. Ehegatten können sich gegenseitig sogar eine halbe Million Euro schenken, dazu den Miteigentumsanteil am selbstbewohnten Haus plus Inventar.

Die Deutschen sind reich. Natürlich nicht jeder einzelne – doch alle Nettovermögen der privaten Haushalte summieren sich für das Jahr 2018 auf 14,1 Billionen Euro. Eine Billion, das sind tausend Milliarden. Oder eine Million Millionen. Oder eine Eins mit zwölf Nullen.

Ein Teil dieser 14,1 Billionen Euro wird jedes Jahr verschenkt oder vererbt, wie viel exakt, weiß leider niemand genau. Die Zahlen, die das Statistische Bundesamt nennt, umfassen nur steuerpflichtige Erbschaften und Schenkungen. Wer unter den üppigen Freibeträgen bleibt, taucht in der Statistik nicht auf.

Besonders häufig wird das Deutsche Institut für Altersvorsorge zitiert: Demnach werden in den zehn Jahren von 2015 bis 2024 insgesamt 3067 Milliarden Euro vererbt. Etwa 1400 Milliarden wechseln der Studie zufolge als Bargeld, Bankguthaben und Wertpapiere den Besitzer, knapp 1300 Milliarden in Form einer Immobilie. Rund 340 Milliarden kommen als Sachvermögen daher, vom Schmuck bis zum Teppich.

Ist von Freibeträgen die Rede und der aktiven Gestaltung von Vermögensnachfolge, klingt dies zunächst nach einem Luxusproblem. Kann davon nur träumen, wer sein Geld durch schnöde Arbeit verdient? Dies stimmt nicht ganz: Die Höhe der Freibeträge ist vom Verwandtschaftsgrad abhängig. Nur der Teil der Schenkung, der über diesem Wert liegt, muss versteuert werden. Doch wer unverheiratet zusammen lebt, kann dem Partner nur 20 000 Euro übertragen, ohne dass der Fiskus mitkassiert.

Norbert Gieseler engagiert sich als Vizepräsident der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht. Er ist in Nürnberg als Fachanwalt für Steuerrecht tätig und rechnet vor: Max Meier und Eva Müller leben unverheiratet in einer Immobilie im Wert von 400 000 Euro. Stirbt Max, kann er seine Hälfte per Testament an Eva (und umgekehrt) vererben. Hier liegt der Freibetrag bei 20 000 Euro, 180 000 Euro muss Eva (da nicht mit dem Erblasser verwandt) in Steuerklasse III mit 30 Prozent versteuern.

Ein Geschenk kann auch zurück geholt werden

Freunde und Bekannte wie auch auch Brüder und Schwestern, Nichten oder Neffen – und wenn sie dem Schenker noch so nahe stehen – müssen bei Geschenken von mehr als 20 000 Euro Abgaben leisten. Allerdings zahlen nahe Verwandte für jeden weiteren Euro 15 Prozent Steuern, also nur halb so viel wie Freunde und Bekannte.

Man könnte, angesichts dieser Rechnung, als Max Meier und Eva Müller doch noch auf die Idee kommen, über die Ehe nachzudenken – doch Experte Gieseler rät den Partnern dazu, sich in diesem Fall gegenseitig die jeweilige Haushälfte zu schenken. Einzig die Kosten für den Notar, den Eintrag in das Grundbuch und die Grunderwerbssteuer fallen an.

Dieses Geschenk sollten Max Meier und Eva Müller jedoch nicht ganz los lassen, sondern (im übertragenen Sinn) an der Schleife um das Geschenk festhalten – und ein Rückforderungsrecht im Todesfall vereinbaren. So werden Steuern vermieden und auch, dass plötzlich die Verwandten erben.

Steuervorteil: Nießbrauch senkt den Immobilien-Wert

Beispiel Darlehen: Wollen Kinder bauen, können die Eltern das Grundstück kaufen und den Bau finanzieren. Um Freibeträge zu nutzen, kann ein Teil verschenkt werden, und ein Teil der Summe als Darlehen laufen und durch Mietzahlung zurückfließen. Alle zehn Jahre können Teile des Darlehens erlassen werden.

Beispiel Nießbrauch: Die Immobilie, die sie selbst bewohnen, sollten Eltern nicht verschenken, ohne sich vertraglich "Nießbrauch" einräumen zu lassen. Dies meint das Recht der Eltern Mustermann, weiterhin mietfrei im Erdgeschoss des Hauses wohnen zu dürfen, selbst wenn das Gebäude schon dem im ersten Stock lebenden Sohn gehört. Auch die Einnahmen, etwa durch Mieter im Dachgeschoss, stehen den Eltern Mustermann als Nießberechtigte zu – außerdem können diese Mieteinnahmen Teil ihrer Altersvorsorge sein.


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Rechtsanwalt Gieseler: "Der Wert der Immobilie sinkt durch den Nießbrauchsvorbehalt, steuerlich ein Pluspunkt. Hier ist zu beachten: Die Zehnjahresfrist, in der Pflichtteilberechtigte einen Anspruch anmelden könnten, beginnt erst mit dem Ende des Nießbrauchs, also für gewöhnlich mit dem Tod des Schenkenden, zu laufen."

Nießbrauch – das Modell funktioniert vergleichbar auch für Wertpapiere. Bei einem Nießbrauchdepot behält sich der Schenkende die lebenslange Nutzung der Erträge aus dem Wertpapierdepot vor, das Eigentum am Depot geht sofort an den Beschenkten über. Der Vorteil: Der steuerliche Wert der Schenkung wird reduziert.

Die Vermögensnachfolge zu Lebzeiten aktiv zu gestalten, statt im Testament festzusetzen, liege im Trend, schildert Norbert Gieseler. Wer schenkt, kann sich sein Vermögen sogar wieder zurückholen: Vielleicht stellt sich auch heraus, dass der Beschenkte nicht in der Lage ist, die ihm übertragenen Vermögenswerte vernünftig zu verwalten – etwa weil ihm Insolvenz droht oder er von einer Sucht gequält wird. Genauso kann der Schenker selbst unerwartet in eine finanzielle Notlage geraten. Und nicht zuletzt kann es natürlich sein, dass man die Schenkung einfach bereut.

Auch Schenkungen an Minderjährige können vertraglich so gestaltet werden, dass der Zugriff auf das Vermögen nicht vollumfänglich möglich ist.


Tipps:
Steuerfrei: Freibeträge können alle zehn Jahre erneut genutzt werden. Verheiratete verbrauchen keinen Freibetrag, wenn einer den Miteigentumsanteil am selbstbewohnten Haus dem anderen zu Lebzeiten überschreibt. Dies bleibt unter Ehegatten steuerfrei.
Rückforderung: Schenkende können sich vorbehalten, ein Geschenk zurückzuverlangen. Wird dies für Grundstücke in einer Schenkungsurkunde vereinbart, wird dies auch steuerlich anerkannt.
Beratung: Der Gang zum Anwalt, Notar und Steuerberater lohnt, wenn es um Vermögen, Firmenbesitz oder komplizierte Familienverhältnisse geht – etwa, weil die Kinder zerstritten sind oder aus verschiedenen Verbindungen stammen. Die Gebühr beträgt oft nur einen Bruchteil der Ersparnis.

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