Bald brennstofffrei: Letzter Castor verlässt fränkisches Kernkraftwerk

1.12.2020, 06:00 Uhr
Am 16. Mai 2020 wurde der letzte Castor-Behälter mit Brennelementen aus dem Kernkraftwerk Grafenrheinfeld geschleust. Im Dezember folgt nun ein letzter Castor mit 43 verbliebenen Sonderbrennstäben.

© PreussenElektra Am 16. Mai 2020 wurde der letzte Castor-Behälter mit Brennelementen aus dem Kernkraftwerk Grafenrheinfeld geschleust. Im Dezember folgt nun ein letzter Castor mit 43 verbliebenen Sonderbrennstäben.

Eigentlich ist das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld bereits seit dem 16. Mai brennelementefrei. An diesem Tag verließen die letzten von 179 Brennelementen, die Anfang des Jahres noch im Abklingbecken verblieben waren, das Reaktorgebäude. Zehn Castor-Behälter waren dafür von Mitte Februar bis Mitte Mai befüllt und in das Zwischenlager BELLA, das sich ebenfalls auf dem Kraftwerksgelände befindet, transportiert worden.


Rückbau von Grafenrheinfeld: Würgassen als Vorbild


Doch leer ist das Abklingbecken damit noch nicht. 43 Sonderbrennstäbe lagern noch darin. Sie sind im Lauf der 33-jährigen Betriebszeit des Kraftwerks bei Inspektionen wegen Materialauffälligkeiten vorsorglich aussortiert worden. Auch sie müssen das Reaktorgebäude noch verlassen, damit es nicht nur brennelemente-, sondern auch brennstofffrei ist.

53 Castor-Behälter im Zwischenlager

Im Zwischenlager in Grafenrheinfeld befinden sich aktuell 53 Castor-Behälter mit insgesamt 996 Brennelementen. Zusätzlich stecken noch elf Brennelemente-Dummys in den Castoren, weil von den jeweils 19 Positionen eines Behälters (bei 53 Castoren sind das also insgesamt 1007 Positionen) keine leer bleiben darf.

Nun sollen im Laufe des Dezembers auch noch die 43 Sonderbrennstäbe ins Zwischenlager kommen. Deshalb wurden sie in diesem Jahr bereits in zwei Köcher für Sonderbrennstäbe gesetzt und im Sommer gasdicht verschweißt. Weil diese nur zwei der 19 Positionen eines Castors füllen, werden zunächst 17 Druckwasserreaktor-Köcher-Dummys in den Behälter eingesetzt.

Danach werden die beiden freien Positionen unter Wasser im Abklingbecken mit den beiden Köchern mit den 43 Sonderbrennstäben belegt. Das Wasser im Castor wird in das Becken zurückgepumpt und ein Unterdruck im Castor erzeugt, damit die Restfeuchte bei niedrigen Temperaturen verdampfen und abgesaugt werden kann. Danach muss noch die absolute Trockenheit über einen sogenannten Taupunktspiegel nachgewiesen werden, bevor der Castor das Reaktorgebäude verlassen darf. Etwa zehn Tage dauert der gesamte Ablauf.

"Das ist ein echter Meilenstein"

Damit wird das Kernkraftwerk brennstofffrei sein und wird das wenig später auch vom bayerischen Umweltministerium bestätigt bekommen. "Das ist das ein echter Meilenstein, der sehr viel mehr Freiheiten bringt. Viele Systeme können dadurch stillgesetzt und demontiert werden", betont Kraftwerkssprecherin Evamaria König.

2021 soll mit der Zerlegung der Reaktordruckbehälter-Einbauten begonnen werden. Um Lager-, Montage-, Zerlege- und Verpackungsflächen zu schaffen, werden auch die Brennelemente-Lagergestelle demontiert. Innerhalb des Kontrollbereichs werden weitere Öffnungen zwischen den einzelnen Gebäuden geschaffen. So können größere Teile schneller transportiert werden.


Kernkraftwerk in Grafenrheinfeld wird zerlegt


"Die demontierten Anlagenteile werden allerdings weiterhin im Reststoffbehandlungszentrum auf ein Maß von kleiner einem Meter zerlegt werden müssen, da das limitierende Maß die Messkammer der Freimessanlage ist", verdeutlicht König. Die Corona-Pandemie hat beim Rückbau bislang nur eine geringe Rolle gespielt, schließlich erfolgt die Demontage ohnehin oft mit FFP3-Masken oder die Arbeiter greifen sogar gleich komplett auf Fremdluft zurück.

Neben dem Zwischenlager wurde auf dem Gelände gerade zusätzlich eine neue, 101 Meter lange, 28 Meter breite und 17 Meter hohe Bereitstellungshalle fertiggestellt. Hier sollen künftig schwach und mittelradioaktive Materialien aus dem Kraftwerk gelagert werden. Zurzeit laufen die letzten Abnahmeprüfungen, Anfang 2021 soll die Halle in Betrieb gehen. Zunächst sollen dann brennbare Mischabfälle eingelagert werden.

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