Dauerbaustelle Bahn: Auf Fahrgäste kommen harte Zeiten zu

30.10.2019, 05:55 Uhr
Dauerbaustelle Bahn: Auf Fahrgäste kommen harte Zeiten zu

© Foto: Peter Millian

Mit Blick auf das Ziel, nicht nur im Fernverkehr die Zahl der Fahrgäste bis 2030 auf 260 Millionen Fahrgäste pro Jahr zu verdoppeln, sondern auch eine Milliarde Kunden zusätzlich im Nahverkehr zu transportieren, "haben wir viel vor uns", so Josel. Zumal der Ausbau bestehender Strecken vor allem unter dem rollenden Rad passieren muss.

Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf der Weitung von Flaschenhälsen liegen, etwa der Strecke zwischen Nürnberg und Würzburg. Hier sind die Gleise zu 125 Prozent ausgelastet, mit entsprechenden betrieblichen Problemen. Mit der Generalüberholung der ersten, rund 30 Jahre alten Schnellfahrstrecke zwischen Würzburg bis Hannover wurde bereits in diesem Jahr begonnen, bis 2023 soll sie abgeschlossen sein.

Verspätungen sind programmiert

Dauerbaustelle Bahn: Auf Fahrgäste kommen harte Zeiten zu

© Foto: La Rocca/Deutsche Bahn AG

Bis dahin kommt es immer wieder zu Umleitungen, Ausfällen und Verspätungen. Gleichzeitig hofft die Bahn, dass durch die Digitalisierung dieser wichtigen Nord-Süd-Verbindung mit über 15 Millionen Fahrgästen pro Jahr in ICE- und IC-Zügen mehr Kapazität entsteht. Durch die Ausrüstung der Infrastruktur und der Fahrzeuge mit der funkgesteuerten Signal- und Sicherungstechnik ETCS könnten die Züge beispielsweise dichter hintereinander fahren, was laut DB etwa 20 Prozent mehr Verbindungen ermöglicht.


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Laut Josel kommt ETCS bereits im nächsten Jahr zwischen Augsburg und Donauwörth, bis 2026 soll die gesamte Strecke zwischen München, Augsburg, Berlin und Hamburg damit ausgestattet sein. Auch Richtung Italien soll ETCS laut Josel helfen, mehr Züge durch das Inntal zu bringen, wenn der Brenner-Basistunnel im Jahr 2028 ans Netz geht. Statt 260 wären dann 320 Züge am Tag möglich, was "Luft" für den geplanten Bau von zwei neuen Gleisen bringen würde. Sie werden nicht vor 2038 fertig sein, was vor allem von Österreich immer wieder kritisiert wird.

Zuverlässigkeit des Systems nimmt ab

Die Landeshauptstadt München werde sich durch die Ertüchtigung von Strecken in den nächsten Jahren immer mehr zum "Drehkreuz des Südens" entwickeln, so Josel. Bereits jetzt ist Berlin über Nürnberg nur noch vier Stunden entfernt und beschert der DB allein auf dieser Route jährliche Fahrgastzuwächse von zehn Prozent. Wenn nächstes Jahr die Elektrifizierung Richtung Lindau abgeschlossen ist, geht es in dreieinhalb Stunden nach Zürich. Künftig sollen aber auch Städte wie Verona oder Prag in rund vier Stunden mit dem Zug erreichbar sein. Laut Josel seien aber auch für den bayerischen Schienennahverkehr "Visionen" nötig, um die steigenden Fahrgastzahlen bewältigen zu können.


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Bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), die den Schienenpersonennahverkehr im Freistaat plant, ausschreibt, bestellt und finanziert, wird aktuell jedoch nicht nur in die Zukunft geschaut, sondern vor allem der aktuelle Zustand der Infrastruktur kritisiert. Die Zuverlässigkeit des Systems Eisenbahn nimmt ab, die Krisenanfälligkeit steigt, heißt es dort.

Von 2017 bis 2018 sind laut BEG 16 Prozent der Züge wegen Problemen mit Gleisen oder Weichen ausgefallen, eine Steigerung um sechs Prozent. Auch wenn diese Zahl nicht dramatisch klingen würde, sei sie doch ein Warnsignal, so BEG-Geschäftsführer Thomas Prechtl. "Denn die Schieneninfrastruktur gleicht einem großen Tanker: Bis das System auf Veränderungen reagiert, dauert es sehr lange – das gilt im Guten wie im Schlechten."

Dass in den nächsten zehn Jahren mit knapp 90 Milliarden Euro eine Rekordsumme in die Erneuerung des deutschen Schienennetzes mit 33.500 Kilometern Länge – allein in Bayern sind es rund 6000 Kilometer – fließen sollen, sei zu begrüßen. Es müsse aber vor allem in die Fläche investiert werden, so Prechtl.

Kleine Störungen, große Folgen

Das seien oft viele kleine und unspektakuläre Maßnahmen wie der Einbau einer zusätzlichen Weiche. "Das Tragische ist, dass jahrelang das Gegenteil passiert ist." Stabilisierende Puffer wurden "herausgespart", scheinbar überflüssige Gleise und Weichen entfernt, "um Wartungskosten zu sparen. Die Quittung erhalten wir heute. Selbst kleinere Störungen bringen das System teilweise komplett aus dem Tritt", so Prechtl.

Verantwortlich seien die Politik ebenso wie Fehlentscheidungen des Bahn-Managements, die allein an betriebswirtschaftlichen Kriterien orientiert waren. Auch sei bei der Bahn-Infrastrukturtochter DB-Netz nicht genügend Anreiz vorhanden gewesen, um vorausschauende Instandhaltung zu betreiben. Zu diesen Äußerungen wollte Josel öffentlich keine Stellung beziehen.


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