Extreme Trockenheit: Frankens Bäume leiden unter der Hitze

11.8.2020, 05:27 Uhr
An den Bäumen des Hofgartens Ansbach - hier ein Foto aus dem Herbst - lassen sich die Folgen der Trockenheit gut erkennen. Sie werfen bereits im August einen Teil ihrer Blätter ab.

© Vincent Halang An den Bäumen des Hofgartens Ansbach - hier ein Foto aus dem Herbst - lassen sich die Folgen der Trockenheit gut erkennen. Sie werfen bereits im August einen Teil ihrer Blätter ab.

Seit 2012 leitet Jost Albert die Gärtenabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung. Zuvor war er seit dem Jahr 1995 Referent für die unterfränkischen Gärten der Schlösserverwaltung. Der im hessischen Marburg geborene Albert hat in Hannover Landschaftsarchitektur studiert und sich dann auf historische Gartenanlagen spezialisiert.

Herr Albert, die vergangenen drei Jahre waren sehr trocken, derzeit plagt Bayern eine extreme Hitzeperiode. Wie sehr leiden die mehr als 30 Gärten der Bayerischen Schlösserverwaltung darunter, wo sind die Probleme am größten?

Jost Albert: Die Probleme durch die Trockenheit sind ganz klar in Franken am größten. In Oberbayern sind die Gärten teilweise noch sehr gut versorgt mit Wasser, in manchen Gebieten haben sich sogar die Grundwasserstände wieder erholt. In Linderhof haben wir allerdings das Problem, dass durch vermehrte Starkregen Teile der wassergebundenen Parkwege weggespült werden. In Franken ist es im Gegensatz dazu schon immer deutlich trockener. Aber zuletzt gab es immer häufiger sehr lang anhaltende Trockenperioden.


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Welche Folgen hat das für die Bäume in den Parks?

Albert: Die Bäume trocknen häufig von oben her aus, weil der Weg dorthin für das Wasser am weitesten ist. Das Totholz in den Baumkronen hat extrem zugenommen. Das ist teilweise erschreckend. Ansonsten rollen sich häufig die Blätter frühzeitig ein, sie werden gelb oder gleich ganz abgeworfen. Indem wir unsere Arbeit auf die Minimierung der Klimaschäden konzentrieren, schaffen wir es noch, die Gartenanlagen zu halten. Aber wir kommen immer mehr an die Grenzen.

Jost Albert, Leiter der Gärtenabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung

Jost Albert, Leiter der Gärtenabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung © Foto: Bayerische Schlösserverwaltung

Welche Baumarten nimmt die Trockenheit besonders mit?

Albert: Derzeit leidet besonders die Buche sehr. Durch ihre große Blattfläche verdunstet sie viel. Aber auch die Lärche hat zunehmend Probleme. Beim Ahorn kommt die Rußrindenkrankheit langsam runter nach Bayern, der Eichenprozessionsspinner breitet sich von Franken immer weiter in Richtung Oberbayern aus. Wo er auftritt, müssen wir auch Wege sperren, wie zum Beispiel in Schloss Seehof bei Bamberg. Dazu kommen das Eschentriebsterben, die Kastanienminiermotte – eigentlich gibt es keinen Baum mehr, der nicht mit einem Problem zu kämpfen hat.

Im Jahr 2003 gab es schon einmal einen extrem trockenen Sommer. Die meisten Bäume haben das ganz gut überstanden. Was ist diesmal anders?

Albert: Ein Baum schafft ein Jahr mit Stress normalerweise ganz gut, aber zwei, drei oder noch viel mehr solcher Jahre übersteht er oft nicht mehr. Die Bäume sind mittlerweile so geschwächt, dass sie sehr anfällig sind für Sekundärschäden durch Pilze oder Schädlinge. Das sieht man zum Beispiel an den Kastanien. Die sind seit zehn bis 15 Jahren im Stress und jetzt einfach am Ende. Sie können sich nicht mehr gegen die Kastanienminiermotte wehren.

In welchen historischen Parks Bayerns sind die Trockenschäden am schlimmsten?

Albert: Die größten Probleme haben wir in den großen Anlagen in Franken. Die Eremitage in Bayreuth, die noch dazu auf einem Hügel liegt, von dem das Wasser abfließt, oder der Park Schönbusch in Aschaffenburg sind riesige Objekte, die unmöglich flächendeckend zu bewässern sind. Gleichzeitig haben wir teilweise extreme Standorte. Der Burggarten auf der Nürnberger Kaiserburg zum Beispiel befindet sich auf künstlichem Terrain. Er ist sehr exponiert auf einer Hitzeinsel und dem Wind voll ausgesetzt.

Welche Folgen hat das?

Albert: Viele Bäume an solchen Standorten werfen schon im August einen Teil ihres Laubes ab. Das tritt zum Beispiel bei den Linden im Ansbacher Hofgarten verstärkt auf. Auch bilden sie kleinere Blätter als sonst, um sich gegen das Vertrocknen zu schützen. In Ansbach gibt es viel mehr Totholz in den Kronen als in den vergangenen Jahren – und es wird sehr schnell mehr.



Die unterfränkische Weinregion ist das trockenste Gebiet Bayerns. Sieht man dort besonders gut, wohin die Reise gehen wird?

Albert: Dort werden wir schon bald gravierende Entscheidungen treffen müssen. Auf der obersten Terrasse des Würzburger Hofgartens gehen uns jetzt alle Walnussbäume kaputt. Wir überlegen bereits, die Bäume dort auszutauschen. Es steht aber noch nicht fest, durch welche Baumart die Walnüsse ersetzt werden sollen.

In Bayerns Wäldern wird seit etlichen Jahren sehr engagiert Waldumbau betrieben. Ist das auch in den staatlichen Gärten möglich?

Albert: Das ist schwierig. Das sind ja Kulturdenkmäler. Bisher hat ganz klar der denkmalpflegerische Ansatz überwogen. Wir wollen möglichst die gleiche Gattung und die gleiche Art nachpflanzen, um ein authentisches Bild im historischen Garten zu erhalten. Wir können ja nicht einfach eine Kastanie durch einen Ahorn oder eine Eiche ersetzen. Irgendwann werden wir aber wohl gezwungen sein, anders zu verfahren.


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Wie könnte das aussehen?

Albert: In der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen wird der Klimawandel und seine Folgen das wichtigste Thema der nächsten Jahre sein. Wir wollen gemeinsam Konzepte entwickeln, um beispielsweise die Wasserversorgung zu verbessern. Gleichzeitig müssen wir sehr individuelle Lösungen für jeden einzelnen Park finden, Zisternen können nicht überall eingebaut werden.

Es wird also nicht einfach auf verstärkte Bewässerung gesetzt?

Albert: Nein, nicht nur. Es geht auch um Bodenverbesserung. Es könnten Zusatzstoffe eingebracht werden, die die Wasserhaltekraft erhöhen, zum Beispiel tonige Materialien oder Kügelchen, wie man sie aus Hydrokulturen kennt.

Bei aller Vorliebe für den Erhalt des authentischen Bildes: Werden sich die historischen Gärten schneller verändern, als sie dies in der Vergangenheit getan haben?

Albert: Es wird sicher über einen langen Zeitraum gehen. Aber bei Nachpflanzungen müssen wir uns verstärkt fragen, ob einzelne Baumarten langfristig noch lebensfähig sind. Wir dürfen das Bild unserer Gärten nicht völlig verändern. Ein großer Baum soll durch einen Baum ersetzt werden, der wieder ähnlich groß werden kann.

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