Fenster auf: Nürnberger Gastronomie kämpft um Frischluft

24.10.2020, 18:05 Uhr
Diana Burkel vom "Würzhaus" mit ihrem Hochleistungsfilter, der Viren und Bakterien aus der Luft holt. 

© NNZ Diana Burkel vom "Würzhaus" mit ihrem Hochleistungsfilter, der Viren und Bakterien aus der Luft holt. 

Nur wenn keine Teller klappern und die Gespräche kurz verebben, hört man das tiefe Brummen. Es kommt aus zwei dunklen Kästen, groß wie Kühlschränke, die im Gastraum des Restaurants "Würzhaus" in St. Johannis stehen.

Es sind leistungsstarke Luftfilter, die laut Hersteller auch in Kliniken eingesetzt werden. Sie holen Viren und Bakterien aus der Luft. Vermutlich könnte man im "Würzhaus" gefahrlos operieren.

Die Gäste frösteln

Lüften, lüften, lüften. Das ist in der Gastronomie zurzeit mindestens so wichtig wie Speisekarte und Abstandsregel. Vorsichtige Menschen bleiben nämlich zunehmend daheim, weil sie Corona fürchten. Und in vielen Lokalen und Cafés frösteln die verbliebenen Gäste, weil ständig Fenster und Türen aufgerissen werden. Aber die Gastronomie kämpft - um Gäste und gegen die Angst vor Corona.

"Würzhaus"-Wirtin Diana Burkel hat deshalb mehrere Tausend Euro investiert. "Kälte? Das geht gar nicht", sagt sie. Ihr Lokal biete gehobene Küche an, manche Gästen machten sich schick. Dass sie dann beim Fünf-Gang-Menü frieren oder im Wollpulli essen müssen, komme nicht in die Tüte, so Burkel. Also filtern ihre beiden Hepa-14-Geräte acht Mal in der Stunde die Raumluft des Restaurants.

In der Krise investieren?

Dass nicht viele aus der Branche mitten in der Krise hohe Summen in neue Lüftungen investieren können, ist Thomas Gebhard völlig klar. Der Geschäftsführer des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) formuliert es drastisch: "Einem Nackten können Sie nicht in die Tasche greifen."

Der Verband hat deshalb vor zwei Wochen zusammen mit dem Fraunhofer-Institut eine Testreihe angestoßen, die schnelle und kostengünstige Lösungen bringen soll.
Hepa-14-Filter, Verfahren mit Ozon, UV-Bestrahlung und desinfizierende Luftzerstäuber stünden auf dem Prüfstand, sagt Dehoga-Sprecher Gebhard. Getestet werde mit Corona-ähnlichen Viren. Ergebnisse soll es demnächst geben; die Zeit drängt, es wird Winter. Hals über Kopf irgendein Gerät zu kaufen, davon rät der Gaststättenverband seinen Mitgliedern ab.

Abzug überm Grill

Gemütlich eng. Genau das ist das "Bratwursthäusle" an der Sebalduskirche. Aber es hat auch einen großen Kamin überm Grill, über den nicht nur der Bratwurstdampf abzieht. Auf ihn setzt Wirt Gerhard Rippel in Sachen frische Luft. Außerdem sei die äußere Eingangstüre immer offen.

Ob das reicht? Antwort darauf erhofft er sich vom Ordnungsamt. Bereits bestellt sind Plexiglas-Scheiben für die Tische, am Vorplatz stehen Heizpilze. Rippel: "Es wird sich viel draußen abspielen." Vor allem ältere Gäste wollten nicht nach drinnen. Es gebe schon in jedem Raum eine Lüftung, bei Bedarf würden Fenster und Türen geöffnet. Stefan Rottner vom "Gasthaus Rottner" in Großreuth ist entspannt, die Tische stünden "so locker", das funktioniere gut. Er hat andere Sorgen: Hochzeiten und Weihnachtsfeiern werden abgesagt.

"Durchhalten" ist das Ziel

"Wir heizen brutal. Das ist der Preis", sagt Bernhard Steichele vom gleichnamigen Gasthaus in der Altstadt. Es werde wegen der Aerosole "ständig und dauernd" gelüftet, die Fensterplätze seien zurzeit eher etwas für die Wetterfesten, sagt der Gastronom. Auch der Dunstabzug in der Küche schaffe viel Luft aus den Räumen. In der Kasse hat er bis zu 75 Prozent Minus und nur ein Ziel: "Durchhalten!"

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