25 Jahre Forchheimer Grüne Liste

Die FGL: Eine politische Erfolgsgeschichte in Forchheim

3.8.2021, 09:00 Uhr
Die alte und neue Garde zusammen (von links nach rechts): Gerhard Meixner, Ulrich Zenneck, Melanie Rövekamp, Edith Fießer, Annette Prechtel und Andrea Hecking vor der FGL-Parteizentrale am Paradeplatz. 

© Berny Meyer Die alte und neue Garde zusammen (von links nach rechts): Gerhard Meixner, Ulrich Zenneck, Melanie Rövekamp, Edith Fießer, Annette Prechtel und Andrea Hecking vor der FGL-Parteizentrale am Paradeplatz. 

Schon zuvor hatte es einen einzigen Vertreter einer "Grünalternativen Bürgerliste" gegeben, der von 1984 bis 1990 im Stadtrat saß. Ein kurzes grünes Gastspiel in einem Gremium, das damals noch traditionsgemäß von der CSU dominiert wurde.

Heute, 25 Jahre nach Einzug der FGL in den Stadtrat, ist Gerhard Meixner Sprecher der zweitstärksten Fraktion in Forchheim, neun FGL-Räte bestimmen die Stadtpolitik mit. Hätte man das einst, zur Kommunalwahl im März 1996, auch nur zu träumen gewagt? "Nie und nimmer", schüttelt Ulrich Zenneck den Kopf. Er gehört zusammen mit Meixner und Edith Fießer zur "alten Garde" der FGL.

Wobei schon auf der 1996er Wahlliste ganz oben eine damals 21-jährige Studentin namens Annette Prechtel stand. Heute ist sie (Kultur-)Bürgermeisterin Forchheims. Und sie war die treibende Kraft oder, wie Zenneck es formuliert, "der Spiritus Rector" hinter der FGL-Gründung: Prechtel formierte eine Bürgerinitiative für den Erhalt einer Pappel-Allee auf dem Seltsamgelände, wo heute die Stadtwerke stehen.

Lang ist’s her: Die 1996er Wahl-Ausgabe der FGL-Zeitung „Der Grashüpfer“ mit (im Uhrzeigerinn) Annette Prechtel, Ulrich Zenneck, Edith Fießer und Gerhard Meixner. 

Lang ist’s her: Die 1996er Wahl-Ausgabe der FGL-Zeitung „Der Grashüpfer“ mit (im Uhrzeigerinn) Annette Prechtel, Ulrich Zenneck, Edith Fießer und Gerhard Meixner.  © Repro: Berny Meyer

Die Bäume wurden zwar gefällt, doch "dann kamen die Stimmen aus Bevölkerung. Tenor war: Jetzt müsst ihr weitermachen", erzählt Prechtel. Gesagt, getan, Kontakte geknüpft und Anfang 1996 die FGL formiert. Wieso wurde nicht einfach ein Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen gegründet? "Es war das klare Bekenntnis zum Parteiprogramm der Grünen, aber mit konsequent lokalem Schwerpunkt als offene Liste", erklärt die Bürgermeisterin. Auf Anhieb wurden drei Vertreter der neuen Vereinigung in den Stadtrat gewählt. "Und seither", so Prechtel, "ist es eine Erfolgsgeschichte". Das zeigt sich an der ständig steigenden Mitgliederzahl der FGL, von einer überschaubaren Reihe hin zu nunmehr knapp 100.

Die Anfangsjahre im Rat mit nur wenigen Mitstreitern beschreiben Fießer und Zenneck als "zwar nicht die Hölle, aber doch heftig". Prechtel ergänzt lächelnd: "Ich war jung, eine Frau und grün - diese Mischung war gar nicht gut." Bei Wortmeldungen der FGL sei der Lärmpegel im Stadtrat spürbar lauter geworden, Privatgespräche und zur Schau gestelltes Desinteresse der anderen Fraktionen wären an der Tagesordnung gewesen.

"Irgendwann aber wurde es still - denn wir wurden langsam gefährlich", sagt Prechtel. "Die anderen spürten und hörten, dass wir uns eingearbeitet hatten in die Themen, auch solchen, die nicht unbedingt als 'grün' galten - wie Wirtschaft und Sozialpolitik. Und wir waren als kleine Fraktion immer bestens vorbereitet."

Mit der Substanz und dem Respekt wuchs auch das Profil der FGL und die Zahl ihrer Stadträte. "Eine logische Konsequenz", nennt das Melanie Rövekamp, eine der im letzten Jahr neugewählten Stadträtinnen. "Wenn ich als Partei wachse und den Anspruch habe, konsequente Kommunalpolitik zu betreiben, muss man alle Themen und Lebensbereiche besetzen, ob Naturschutz, Wirtschaft, Flächennutzungspläne oder Haushaltspolitik."

Trotzdem blieben große Vorbehalte, erzählt Ulrich Zenneck: "Uns wurde unterstellt, dass wir die großen Nein-Sager sind." Die ersten zwei Jahre im Rat seien von mitunter aggressivem Gegenwind aus den Reihen der etablierten Parteien geprägt gewesen. Und von Teilen der Bevölkerung. "Da stieß man auch mal auf Eier, die einem gegen die Autoscheiben geworfen wurden." Vorbei sei es heute mit derlei Anfeindung nicht, sie haben sich nur verlagert - ins Internet. Der analoge Zuspruch aber überwiege inzwischen.

Um etwas Wasser in den Bio-Wein zu kippen: Die in den letzten Jahrzehnten zunehmende Flächenversiegelung im wachsenden Forchheim war auch mit einer wachsenden FGL weitergegangen. Und plakative Aktionen wie zuletzt das (vergebliche) Festketten an den später gefällten Linden am Paradeplatz führen unweigerlich zu Spott.

Dennoch: Blickt man auf Flugblätter aus den 1990ern oder die alte FGL-Zeitung "Der Grashüpfer" sind die darin gestellten Forderungen - wie nachhaltige Verkehrskonzepte und eine Verkehrswende, die Stärkung der Kulturschaffenden in Forchheim, der Ausbau regenerativer Energien oder mehr sozialer Wohnraum - erstaunlich aktuell. Und mit dem bundesweiten Aufschwung der Grünen in den letzten Jahren sowie einer jungen Generation, die unter dem Banner "Fridays for Future" auch in Forchheim für ein ökologisches Umdenken demonstriert, ist gleichfalls bei der FGL der Anspruch und Wille zum (Mit-)Regieren nicht mehr wegzudenken.

Ganz zu schweigen von der "Grünfärbung" fast sämtlicher im Stadtrat wie im Bundestag vertretenen Parteien - vielleicht nur oberflächlich, weil es "schick" beziehungsweise im Trend liegt? "Früher trieb es mir die Zornesröte ins Gesicht, mit welcher Sorglosigkeit die Kollegen der anderen Parteien im Bauausschuss Projekte einfach so abnickten", erzählt Edith Fießer. Heute sei das manchmal nicht mal anders - "aber inzwischen wird viel mehr hinterfragt und auf die ökologischen Folgen geachtet".

Andrea Hecking, im Gegensatz zu Fießer eine der neuen FGL-Stadträtinnen, sieht das so: "Es sind unsere Herzensthemen. Und wenn es, bei allen angebrachten Zweifeln, die Herzensthemen anderer werden würden, wenn es also miteinander geht: umso besser."

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