Wandernder Sportredakteur entdeckt Landkreis Forchheim neu

9.9.2019, 06:56 Uhr
Wandernder Sportredakteur entdeckt Landkreis Forchheim neu

© Kevin Gudd

Im Privaten komme ich demnächst auch wieder mit dem Begriff in Berührung, wenn ich erstmals in eine andere Stadt ziehe und meine Heimat quasi verlasse. Während auch im politischen Raum bisweilen ebenso kontrovers wie oberflächlich über die Definition von Heimat nachgedacht wird, habe ich auf meiner Wanderung eher nebenbei vernommen, welch vielschichtige Bedeutung Heimat für die Protagonisten meiner Termine hat.


Das Wanderreporter-Finale: Kevin kommt am Walberla an!


Traum vom eigenen Restaurant

Phuangtong Zimmermann hat mich in Hohenschwärz als zierliche, jedoch entschieden willensstarke und lebensfrohe Wirtin empfangen. 1994 folgte die Thailänderin ihrer Urlaubsliebe nach Deutschland, um sich dann aus ihrer Rolle als Hausfrau heraus die neue Heimat auf ihre Weise zu erschließen. "Es war schon immer mein Traum, ein eigenes Restaurant zu besitzen", erklärt Zimmermann. Gegen die Bedenken des Ehemanns und des Sohns ergriff sie 2015 ihre Chance, um im ehemaligen Buchwald-Stüberl die thailändische Küche mitten ins Bier-Paradies am berüchtigten Fünf-Seidla-Steig rund um Gräfenberg zu bringen.

"Das war natürlich ein Risiko", sagt Zimmermann, die sich ohne spezifische gastronomische Ausbildung daranmachte, diverse Familienrezepte an den weniger Schärfe gewohnten europäischen Geschmack anzupassen. Doch inzwischen wissen die Einheimischen des Ortes und auswärtige Berufspendler das alternative Angebot sehr zu schätzen. Gerade zur Mittagszeit an den freien Tagen der Brauereiwirtschaften sorgen Bestellungen für Essen zum Mitnehmen für regen Betrieb.

Inspiriert von den Römern

Ein Stück extern adaptierte Heimat hat sich derweil in mühevoller Kleinarbeit Manfred Ritter auf dem elterlichen Hanggrundstück in Egloffstein geschaffen. "Schon als Kind habe ich gerne Steine im Garten zu Mauern aufgetürmt", erklärt der inzwischen pensionierte Jurist aus Nürnberg seinen Zugang zur Architektur, ehe schließlich ein Besuch in Rom die Inspiration für sein einzigartiges Projekt lieferte. Um die nach dem Vorbild der Spanischen Treppe errichtete zentrale Achse auf 2500 Quadratmetern kamen über die Jahre mehrere Dutzend Skulpturen, Brunnen, Säulen und Torbögen hinzu, die er teils selbst noch in Form brachte.

Manche Beobachter im Ort belächelt die Hingabe, doch Ritter zieht sein Ding durch. Der römische Barockgarten drückt für ihn die "Gemeinsamkeiten von italienischer Landschaft und der Fränkischen Schweiz" aus. Investiert hat der Baumeister "unendlich viel Freizeit" und Materialausgaben in Höhe eines "Mittelklasse-Wagens". Für den Blick auf die Kulisse, die Hochzeitspaaren und Ausflüglern als Foto-Panorama dient, verlangt Ritter keinen Eintritt, gewährt auf private Anfrage mitunter Führungen ins Innere seines Reichs.

Botschafter für Genuß auf dem Land

Bei Helmut Pfefferle gehen die Heimatgefühle durch Herz und Magen. Aufgewachsen auf einem landwirtschaftlichen Betrieb im mittelfränkischen Thalmässing, lernte er als Industrie-Vertreter im Außendienst die Welt kennen, siedelte sich der Familie zuliebe vor 14 Jahren in Seidmar, einem winzigen Ortsteil von Leutenbach im Landkreis Forchheim, an. Über die Vermietung der eigenen Ferienwohnungen knüpfte der passionierte Hobby-Landschaftsfotograf, der als Jugendlicher gerne Koch geworden wäre, schnell Kontakte ins lokale Tourismusgeschäft und fand als redegewandter Sprecher eine Mission.

Der Vorsitzende des Tourismusverein "Rund ums Walberla" und von der Handwerkskammer zertifizierte Genussbotschafter fungiert heute freilich formell als Lobbyist und oberster Werbungsbeauftragter, doch ums Geld geht es Helmut Pfefferle, der auf der Straße auch den Fremden stets zuerst höflich begrüßt, schon lange nicht mehr. "Die Menschen haben es mir angetan. Mein Applaus ist, wenn sie sich auf dem Land wohlfühlen und Dörfer nicht veröden." Nach zwei mehrstündigen Spaziergängen Seite an Seite und einigen tiefschürfenden Zwiegesprächen kann man ihm, der jede Höhle im Wald kennt, die Aussage abnehmen.

Tipps und Infos zur Strecke

Der seit 2008 üppig frequentierte Bierwanderweg "Fünf-Seidla-Steig", der auf einer Strecke von rund zehn Kilometern fünf Brauereien von Weißenohe über Gräfenberg und Hohenschwärz bis Thuisbrunn miteinander verbindet, bemüht sich um eine verantwortungsvolle Genusskultur. Deshalb haben die Beteiligten Wirte nicht nur einen Knigge-Verhaltenskatalog aufgestellt, sondern rücken auf Info-Tafeln und mit Führungen verstärkt die Historie des Brauwesens in den Fokus.

Egloffstein hat seine imposante Burg, ein Freibad und den Wildpark Hundshaupten vor der Tür, entwickelt sich außerdem heimlich still und leise zum Vorreiter auf dem wachsenden Markt für Elektrofahrrad-Verleih. Zu Fuß lohnt sich der Gang auf den Spuren des Frankenwegs, der über 500 Kilometer vom thüringischen Rennsteig bis zur Schwäbischen Alb führt und nicht nur beim jährlichen Marathon zwischen Gasseldorf und Obertrubach eine reizvolle Herausforderung für Ausdauerläufer darstellt.

Seit dem Jahr 2000 firmieren Hoteliers, private Vermieter und Gastronomen aus der Fränkischen Schweiz im Tourismusverein "Rund ums Walberla", um ihre Angebote unter dem treffenden Motto "Fränkisches Genießerland rund ums Walberla" noch zielgerichteter vermarkten zu können. Die Kulinarik ist verständlicherweise ein Schwerpunkt.

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