Oberasbach: Frau wurde gegen ihren Willen zu AfD-Kandidatin

12.3.2020, 06:00 Uhr
Oberasbach: Frau wurde gegen ihren Willen zu AfD-Kandidatin

© Hans-Joachim Winckler

Als sie Anrufe von Bekannten erhielt, die sie fragten, warum sie für die AfD kandidiere, habe sie gedacht, "mich trifft der Schlag".

Doch wie ist es überhaupt dazu gekommen? Nachfrage bei der AfD: "Es ist alles hundertprozentig korrekt abgelaufen", behauptet Theodor Förster, Nummer zwei der Wahlliste. Auf der Suche nach Kandidaten sei ihm seine "gute alte Bekannte" Elfriede Lutz eingefallen. Er habe mehrmals mit ihr gesprochen, ihr alles erklärt, sagt Förster. Ihm zuliebe habe sie sich schließlich bereit erklärt, zu kandidieren.

Wie das Nominierungs-Prozedere in der Regel abläuft, erläutert Christian Kanhäuser, Wahlleiter bei der Stadt Oberasbach auf Nachfrage der Redaktion: Die Parteien und Gruppierungen laden schriftlich zu einer Aufstellungsversammlung ein. Dort werden die Kandidaten vorgeschlagen, gewählt und die Reihung auf der Liste festgelegt.

Elfriede Lutz hat allerdings keine der beiden Nominierungsversammlungen der AfD besucht, wie Förster bestätigt. Sie erklärte sich vielmehr schriftlich mit der Kandidatur einverstanden. Dazu traf man sich in einem Café. Förster brachte, so erzählt er, die notwendigen Unterlagen mit, füllte sie gemeinsam mit Elfriede Lutz aus, die sie anschließend unterschrieb. Das stellt die Rentnerin auch nicht in Abrede – aber: "Herr Förster hat gesagt, er will in den Stadtrat, da wollte ich ihm helfen. Vielleicht habe ich das falsch verstanden."

Die Stadt prüft

Die Wahlvorschläge der einzelnen Parteien gehen jeweils an die Stadt und werden dort vom Wahlleiter und dem Wahlausschuss geprüft. Dieses Gremium setzt sich aus Personen jener vier Parteien zusammen, die bei der vorangegangenen Kommunalwahl stärkste Kräfte geworden sind. Im Fall von Oberasbach sind das CSU, SPD, Freie Wähler und Grüne. Sie entsenden jeweils einen Vertreter, der bei der anstehenden Stadtratswahl selbst aber nicht kandidieren darf.


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Die wichtigsten Kriterien bei der Prüfung der Wahlvorschläge sind: Haben die von den Parteien nominierten Bürger das passive Wahlrecht? Das meint, sie müssen seit wenigstens drei Monaten im Wahlkreis leben und in der Stadt mindestens mit einem Zweitwohnsitz gemeldet sein. Nicht wählbar sind auch Personen, die aufgrund eines Gerichtsurteils die Wählbarkeit oder die Befähigung, ein öffentliches Amt zu bekleiden, nicht besitzen. Wer sich in Strafhaft oder Sicherungsverwahrung befindet, hat ebenfalls kein passives Wahlrecht.

Für die AfD scheint die Suche nach geeigneten Frauen und Männern in Oberasbach mühsam gewesen zu sein. Denn sie tritt hier nur mit sieben Kandidaten an, 24 – so viele Sitze hat der Stadtrat in der zweitgrößten Kommune des Landkreises – wären maximal möglich gewesen. Auf dem Stimmzettel ist bei den Rechtspopulisten deshalb jeder Name dreifach aufgeführt. Macht ein Wähler dort sein Kreuz, erhält also jeder der Bewerber drei Stimmen.

Sehr viel weitere Kreise als der Fall von Elfriede Lutz hatten schon im Februar dieses Jahres Vorgänge im oberbayerischen Landkreis Ebersberg gezogen. Sie riefen am Ende sogar die Justiz auf den Plan. In der Hauptrolle: ebenfalls die AfD. Auf den Wahllisten für den Ebersberger Kreistag und den Vaterstettener Gemeinderat waren mehrere Kandidaten aufgetaucht, die angaben, nicht zu wissen, wie es dazu gekommen war, darunter eine Hochbetagte und ein Alzheimer-Patient. Ein 82-jähriger Vaterstettener Gemeinderat soll die Personen angeblich auf die Liste gesetzt haben. Die Staatsanwaltschaft München II leitete ein Ermittlungsverfahren ein.

Das Mandat ablehnen

Laut der zuständigen Wahlleiterin erklärten damals zehn Personen fristgerecht – das heißt bis zum 23. Januar 2020 – ihren Widerruf. Für sieben weitere, die sich später meldeten, war das nicht mehr möglich. Sie bleiben deshalb, genau wie Elfriede Lutz in Oberasbach, auf der Liste und sind damit wählbar. Die einzige Möglichkeit, die den Kandidaten wider Willen jetzt noch offen steht: das Mandat im Falle der Wahl abzulehnen. Gründe für diesen Schritt, sagt Christian Kanhäuser, müssen dabei nicht angegeben werden.

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