Pleiten wegen Corona: Die Stadt Fürth rechnet mit Insolvenzwelle

8.2.2021, 06:00 Uhr
Pleiten wegen Corona: Die Stadt Fürth rechnet mit Insolvenzwelle

© Wolfgang Händel

Mit welcher Wucht die Coronakrise die hiesige Wirtschaft trifft, ist noch nicht abzusehen. Denn wichtige Kennzahlen offenbaren derzeit nur einen Teil der Wahrheit. So lag die Arbeitslosenquote in der Stadt im Januar 2020, vor Beginn der Pandemie, bei 5,2 Prozent. Ein Jahr später ist sie lediglich um einen Prozentpunkt auf 6,2 gestiegen, also etwa auf das Niveau von 2017.

Ein realistischeres Bild zeigt sich erst beim Blick auf die Kurzarbeit. Laut Fürther Wirtschaftsreferat haben derzeit 35 Prozent der Betriebe Kurzarbeit angemeldet, 23 Prozent der Beschäftigten sind betroffen.


Fürther Innenstadt: 30 Prozent Leerstand befürchtet


Die Branchen, die besonders unter dem Lockdown leiden, sind Gastronomie, Freizeit, Hotellerie oder Einzelhandel (außer Lebensmittel). Zwar dürften die meisten der Betriebe hier, schätzt Maike Müller-Klier, Leiterin der Fürther IHK-Geschäftsstelle, die Krise überstehen, sollten die zugesagten Finanzhilfen demnächst ausbezahlt werden und der Lockdown ein Ende nehmen. Wie sich aber die Krise auf die Gesamtwirtschaft auswirke, das sei kaum zu prognostizieren.

Beispiel Insolvenzen: "Die Statistik ist im Moment nicht aussagekräftig", sagt Müller-Klier. Unter anderem, weil die sogenannte Insolvenzantragspflicht derzeit ausgesetzt ist, überschuldete Betriebe nicht sofort ins Insolvenzverfahren müssen.

Das erklärt die niedrige Zahl an Firmenpleiten zuletzt in Fürth. Sie lag bei elf, wie das Wirtschaftsreferat mitteilt – betroffen waren vor allem kleinere Betriebe aus Gastronomie und Einzelhandel.

Im Rathaus aber geht man davon aus, dass es 2021 und 2022 eine "Insolvenzwelle" geben wird. "Wir befürchten sechs Prozent Insolvenzen", sagte Wirtschaftsreferent Horst Müller jüngst im Wirtschaftsausschuss. Bayernweit beziffert der Industrie- und Handelskammertag die mögliche Insolvenzquote auf fünf bis 15 Prozent. Mit sechs Prozent käme Fürth also noch gut davon.


Corona: Fürth will zweites Hilfspaket für die Innenstadt schnüren


Das Wirtschaftsreferat rechnet aber, wie berichtet, mit stark wachsendem Leerstand in der Innenstadt. Um dem zu begegnen, soll es ein weiteres Hilfspaket über 300.000 Euro geben. Obendrein will man sich noch auf andere Bereiche fokussieren, um die Wirtschaft als Ganzes zu stärken.

Neben der Digitalisierung, die vorangetrieben werden soll, geht es vor allem um "Fachkräftesicherung". Auch heute suchen manche Unternehmen vergeblich nach qualifizierten Arbeitskräften; der Bedarf wird sich erhöhen, sobald sich die Gesamtwirtschaft erholt. Daher will die Stadt die Ausbildung noch stärker fördern und dafür sorgen, dass Firmen und Azubis leichter zusammenfinden.

Fokus auf die Ausbildung

Denn 2020 ging die Zahl der Ausbildungsverträge in Stadt und Land laut IHK um 15 Prozent zurück. Das lag nicht an den Betrieben. "Der Bedarf der Wirtschaft ist immer noch da", sagt Müller-Klier. Aber zum einen führt die Unsicherheit durch Corona dazu, dass manche junge Leute den Wechsel ins Berufsleben aufschieben und länger in der Schule bleiben.

Zum anderen fielen 2020 viele Formate aus – etwa Azubimessen –, über die sich Arbeitgeber und Azubis üblicherweise begegnen. Das Wirtschaftsreferat will hier gegensteuern, etwa mit Online-Azubimessen. Wichtig wird auch sein, darin sind sich Stadt und IHK einig, angesichts der möglichen Insolvenzwelle, den zunehmenden Beratungsbedarf der Betriebe zu befriedigen, der heute schon enorm sei. Im Gespräch ist, ein Netzwerk von Experten aufzubauen, um Firmen bestmöglich zu unterstützen.

Bei allen Schwierigkeiten gibt es aber auch Anlass zu Optimismus. Hoffnung macht dem Wirtschaftsreferenten etwa die Eröffnung des Einkaufszentrums "Flair" mit seinen 65 Geschäften im Herbst. Und Müller-Klier betont, wie krisenerprobt die Fürther mittlerweile sind, nach dem Aus von Grundig oder Quelle.

Sie sieht die hiesige Wirtschaft aufgrund ihrer heterogenen Struktur, größeren Vielfalt durchaus gewappnet, um durch die aktuelle Krise zu kommen.

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