Schon über 4000 Stimmzettel

Briefwahl boomt in Gunzenhausen

22.9.2021, 06:31 Uhr
Hier, in einem speziell gesicherten Raum im Rathaus, lagern schon jetzt rund 4000 ausgefüllte Stimmzettel, noch sicher verpackt in den roten Wahlbriefumschlägen. Täglich kommen neue hinzu.

© Jürgen Eisenbrand, NN Hier, in einem speziell gesicherten Raum im Rathaus, lagern schon jetzt rund 4000 ausgefüllte Stimmzettel, noch sicher verpackt in den roten Wahlbriefumschlägen. Täglich kommen neue hinzu.

Doch in den 24 Wahllokalen der Altmühlstadt – 11 in der Kernstadt, 13 in den Ortsteilen – wird davon nur ein Bruchteil sein Kreuz machen. Denn: Neben jenen, die gar nicht zur Wahl gehen, bleiben auch jene fern, die schon per Briefwahl abgestimmt haben. Und das sind so viele wie nie zuvor.

Ein Grund ist nicht mehr notwendig

Deutlich mehr als 5000 Wahlunterlagen hat die Stadt heuer verschickt, gut 4000 davon hat sie auch schon wieder zurückerhalten. „Das sind deutlich mehr als früher“, sagt Klaus Stephan. Und nennt als Gründe vor allem die Pandemie, einen allgemeinen „Trend“ und die Tatsache, dass man seit einigen Jahren keinen Grund mehr angeben muss, wenn man per Brief wählen will.

Bei der letzten Bundestagswahl 2017 hätten 3200 Menschen per Brief gewählt, mit 4000 habe man dieses Mal schon gerechnet, aber angesichts des Ansturms habe man nun sogar noch kurzfristig ehrenamtliche Wahlhelfer für die Briefwahllokale nachnominieren müssen. Und dem Leiter des städtischen Hauptamtes entfährt in diesem Zusammenhang sogar ein leicht gestöhntes „Wahnsinn!“

Deutlich mehr Aufwand

Denn: Der Trend zur Briefwahl bedeutet für ihn und seine Mitarbeiter deutlich mehr Aufwand, „allein schon dadurch, dass wir Wahlschein und Stimmzettel verschicken müssen“, sagt er.
Und auch am Tag des Urnengangs haben die Wahlhelfer in den 13 Briefwahllokalen (2017 waren es noch zehn) mehr Arbeit als die in den „normalen“ Wahllokalen, deren Zahl um drei schrumpfte. Sind doch die Briefwahl-Stimmzettel gleich in zwei Kuverts verpackt, die überprüft und geöffnet werden müssen. „Aber“, stellt Stephan klar, „das darf für uns keine Rolle spielen. Es geht nicht um Schnelligkeit, sondern um Genauigkeit“.

Derzeit sind die eingegangenen Briefwahl-Stimmzettel in einem speziell gesicherten Raum im Rathaus gelagert, zu dem nur jene einen Schlüssel haben, die mit der Wahl unmittelbar zu tun haben. Am Sonntag um 16 Uhr werden sie dann – unter strenger Beachtung die Vier- beziehungsweise Sechs-Augen-Prinzips – zur Stephani-Schule gebracht, wo alle Briefwahllokale untergebracht sind.

"Das Rückgrat der Wahl"

Dort beginnen die Wahlhelfer – Klaus Stephan nennt sie anerkennend „das Rückgrat der Wahl“ – dann, die roten Umschläge zu öffnen. Sie überprüfen, ob die darin steckenden blauen, die den Wahlzettel enthalten, auch verschlossen oder irgendwie gekennzeichnet sind – und werfen sie dann, natürlich getrennt vom Wahlschein, in eine versiegelte Urne. Und aus der werden sie, wie die Wahlzettel in den Wahllokalen, erst um Punkt 18 Uhr ausgeschüttet.

Wenn ein blaues Kuvert markiert oder gekennzeichnet ist, „dann ist dieser Wahlzettel ungültig, der Umschlag bleibt geschlossen“, erklärt Klaus Stephan. Der Grund: Der Wahlhelfer, der den roten Umschlag geöffnet hat, könnte sich daran erinnern, welcher Name auf dem beiliegenden Wahlschein stand – und so wäre die Wahl nicht mehr anonym.
Sollte jemand – ob bei der Briefwahl oder vor Ort – zunächst sein Kreuz an der „falschen Stelle“ gemacht, dieses durchgestrichen und dann ein neues gesetzt haben, so ist dieser Wahlzettel nicht automatisch ungültig. „Der Wählerwille muss klar erkennbar sein“, nennt der erfahrene Beamte Stephan, der schon viele Urnengänge organisiert hat, das geltende Prinzip. Sollte dieser nicht eindeutig nachzuvollziehen sein, so wird ein Stimmzettel beiseite gelegt und später eingehend überprüft.
„Wenn einem das im Wahllokal passiert, kann man sich aber natürlich auch einen neuen Stimmzettel holen“, sagt der 59-Jährige. Allerdings müsse man dann vor den Augen des Wahlhelfers dort den alten zerreißen und einstecken, damit eine doppelte Stimmabgabe ausgeschlossen werden könne.

Stephan: Manipulationen ausgeschlossen

Manipulationen bei der Briefwahl, wie sie von sogenannten „Querdenkern“ gerne in den sozialen Netzwerken behauptet und verbreitet werden, hält Stephan angesichts des geschilderten Vorgehens für ausgeschlossen. „Wir haben acht Wahlhelfer pro Wahllokal, vier pro Schicht. Dass alle vier sich gemeinsam an Manipulationen beteiligen, halte ich für unmöglich.“ Zumal die insgesamt 250 Helfer sich zumeist nicht kennen, aus unterschiedlichen Umfeldern kämen – und oft genug auch Vertreter verschiedener Parteien seien.

Einer der vier Helfer ist am Sonntag als sogenannter „Hygienebeauftragter“ im Wahllokal tätig. Das heißt, er kontrolliert die Maskenpflicht, die für alle Wähler gilt, die kein Attest vorweisen können, er achtet auf die Mindestabstände, auf die Hände-Desinfektion und darauf, dass sich nicht zu viele Wähler gemeinsam in einem Raum aufhalten. Die 3G-Regel (Geimpft – Genesen – Getestet), darauf weist Klaus Stephan ausdrücklich hin, gilt im Wahllokal nicht.
Wenn um 18 Uhr in den Wahllokalen die Urnen entsiegelt und geleert werden, geschieht dies mit größtmöglicher Transparenz, sprich: vor den Augen der Öffentlichkeit. Denn wie bei allen Wahlen ist es für jeden Bürger möglich, den Auszählungsvorgang live vor Ort mit zu verfolgen – ein weiteres Argument gegen die Manipulations-Mythen.

Gegen 19 Uhr rechnet Klaus Stephan bereits mit ersten Ergebnissen, vorzugsweise aus den kleineren Wahllokalen. Gegen 20.30 Uhr, so schätzt er vorsichtig, dürften dann alle Stimmen ausgezählt sein. Die Stadt wird unter www.gunzenhausen.de die Resultate laufend aktualisieren, die Ergebnisse im Bundeswahlkreis Ansbach finden sich unter www.landkreis-wug.de.

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