Für die Grünen im Wahlkreis Ansbach

Herbert Sirois: "Diese Wahl ist historisch"

12.9.2021, 07:11 Uhr
Seinen Slogan „Land leben. Land lieben“ hat sich Herbert Sirois selbst ausgedacht. Er soll die tiefe Beziehung zu seiner Heimatregion, zum Land ausdrücken.

© Isabel-Marie Köppel, NN Seinen Slogan „Land leben. Land lieben“ hat sich Herbert Sirois selbst ausgedacht. Er soll die tiefe Beziehung zu seiner Heimatregion, zum Land ausdrücken.

Bereits vier Jahre zuvor ist er für seine Partei angetreten. Damals landete er mit 7,6 Prozent der Erststimmen auf Platz vier. Und auch heuer muss der 56-Jährige aus Breitenau, einem Ortsteil von Feuchtwangen, auf den Kampf um das Direktmandat setzen. Denn mit Platz 36 hat er vermutlich keine Chance, über die Liste in den Bundestag einzuziehen. Derzeit sitzen dort für Bayern elf Grüne.

Kann er sich also gegen Artur Auernhammer, den aktuellen Vertreter für den Wahlkreis Ansbach, zu dem der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen gehört, durchsetzen? Sirois versteht sich "durchaus als Gegenkonzept". "Natürlich wird es schwierig. Ich muss viele überzeugen. Es ist auch eine latente Angst da vor Veränderung", erklärt der Historiker, der an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen als Dozent arbeitet.

Angenehmer Gesprächspartner

Ein spröder Historiker also? Da muss er kurz lachen, was er übrigens auf Kommando vor der Kamera nicht kann. Selbst der professionelle Fotograf, der ihn für die Wahlkampagne ablichtete, habe irgendwann aufgegeben. Das verhaltene, etwas verkniffene Schmunzeln auf den Plakaten wird ihm also nicht ganz gerecht. Vielleicht ist er kein überbordender Stammtischredner – sofern sich das nach rund einer Stunde Gespräche beurteilen lässt – doch reden kann Herbert Sirois. Er ist eloquent, und er macht es einem leicht, eine Unterhaltung mit ihm zu führen. Auf jeden Fall wirkt er in natura offener und freundlicher, als sein Wahlplakat es vermuten lässt.

Und er redet gern, gibt er zu. Wohl eine Berufskrankheit, aber er höre auch gerne zu. "Wenn ich den Menschen, für die ich arbeiten will, nicht zuhören möchte, dann wäre ich falsch", sagt der Vater von zwei erwachsenen Söhnen. Bei der Wahl möchte er "natürlich etwas reißen", aber er sei auch Realist. Letztlich gehe es auch darum, "so stark wie möglich zu werden, damit die eigenen Ideen berücksichtigt werden".

Denn er glaubt: "Diese Wahl ist historisch. Die Entscheidungen die wir in den nächsten vier Jahren treffen, werden das nächste Jahrzehnt prägen." Natürlich handle es sich dabei um einen Prozess, aber dieser müsse jetzt angegangen werden. "Uns läuft die Zeit weg", mahnt er. "Das ist meine tiefe Überzeugung. Ich glaube wirklich, dass die nächste Regierung eine unwahrscheinliche Funktionalität in Zukunftsweichenstellung hat." Das gelte auch für sein zweites Standbein, die Außen- und Sicherheitspolitik: "Wenn wir die internationalen Krisen in den nächsten vier Jahren nicht zumindest ansatzweise bearbeiten, dann haben wir wirklich ernsthafte Schwierigkeiten."

"Ein Wagnis, das gewagt werden kann"

Die Grünen stehen dabei nicht für Kontinuität, gibt er zu. Stattdessen "für einen ökologischen Wandel, der hoffentlich schlimme Dinge verhindert und vieles zum Besseren wendet." Er glaubt, dass sowohl die Grünen als auch er als Person eine positive Form davon anzubieten hat. Man müsse sie nur gestalten. "Es ist ein Mythos, dass man den Ist-Zustand bewahren kann", spricht der Historiker aus ihm. "Wir wären ein Wagnis, das durchaus gewagt werden kann", lautet sein Plädoyer.

Den Schuh "Verbotspartei" verweigert Herbert Sirois schlichtweg. "Das ist ein Label, das uns die anderen Parteien gegeben haben", sagt er und kann der Konkurrenz dabei eine gewisse Cleverness nicht absprechen. "Wir werden ja immer von der CSU und der Union belächelt, weil wir zig Änderungsanträge haben. Aber das ist ja der Ausdruck, dass sich eine Partei wirklich schwer tut. Wir ringen wirklich mit den Ideen", schildert Sirois. Es gehe nicht darum, den Menschen etwas zu verbieten, sondern etwas zu verbessern.

Bezogen auf die beiden Landkreise, die zum Wahlkreis gehören, möchte Sirois auf Entwicklungsfragen eingehen. Nach seinen Worten geht es für Weißenburg-Gunzenhausen darum, einen schonenden Tourismus zu entwickeln, der die Region weiterbringt. Aber auch der Ausbau der Infrastruktur, vor allem die Schiene, spiele eine Rolle.

Sanften Tourismus gibt es

Im Landkreis Ansbach möchte er den Flächenverbrauch einbremsen. "Es ist der Landkreis mit dem höchsten Flächenverbrauch in ganz Bayern, und Bayern ist das Land mit dem höchsten im Bund", klärt Sirois auf. Außerdem müsse sehr viel für die Hochschulstandorte und die Schulen getan werden. Großen Gestaltungswillen sehe er bereits in der Bevölkerung. "Den muss man unterstützen, die Initiativen mit tragen. Wenn Leute eine Idee haben, ihnen zumindest eine Chance geben, darüber nachzudenken", so Sirois.

Der Meinung, es gebe keinen sanften Tourismus, widerspricht er: "Es gibt einen Tourismus, der ausgerichtet ist auf Nachhaltigkeit und regionale Produkte. "Wenn ich ein Konzept haben will, mit kleinteiligem, sanften Tourismus, dann heißt das, ich muss viele Menschen mitnehmen. Ich muss Verbindungen schaffen, Netzwerke aufbauen. Das ist richtig viel Arbeit", ist Sirois bewusst. Doch da stecke gerade für diesen Landkreis erheblich Potenzial drin.

"Kein Grüner – und ich kenne viele – hat Interesse daran, dass wir auf Holzstümpfen als neuen Sessel sitzen, anstatt, dass es uns gut geht", bringt Sirois es auf den Punkt. Außerdem ist er überzeugt, dass man einen "gesunden Konservatismus, das Bewahrende der Schöpfung" nur bei den Grünen findet. Solche Worte würde man wohl eher von einer anderen Partei erwarten. "Die sogenannten Konservativen haben vieles, aber sicher nicht diesen bewahrenden Ansatz", sagt Sirois dazu.

"Und nein, ich kaufe Herrn Söder den Grünen nicht ab", schiebt er hinterher. Vor vier Jahren habe dieser noch versucht AfD-Wähler zu gewinnen, und jetzt wolle er die bürgerliche Grüne Mitte für sich vereinnahmen. "Glaubwürdig ist das für mich nicht."

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