Widerspruch gegen SPD

Gunzenhausen: Grundschulen sehen keine Notwendigkeit für Luftreiniger

25.10.2021, 05:56 Uhr
Die SPD will via Bürgerbegehren erreichen, dass die Gunzenhäuser Schulen doch noch mit Luftreinigungsgeräten ausgestattet werden. Die Rektorin der Grundschule Süd (Bild) sieht hierfür keinen Bedarf und weiß sich da mit ihrer Kollegin von der Stephani-Schule einig.

© Stadt Gunzenhausen, NN Die SPD will via Bürgerbegehren erreichen, dass die Gunzenhäuser Schulen doch noch mit Luftreinigungsgeräten ausgestattet werden. Die Rektorin der Grundschule Süd (Bild) sieht hierfür keinen Bedarf und weiß sich da mit ihrer Kollegin von der Stephani-Schule einig.

Zunächst hatte SPD-Stadträtin Bianca Bauer im Bauausschuss des Stadtrats erfolglos den Kauf der Geräte beantragt, jetzt wollen die Oberwurmbacherin und ihre Genossen dies über ein Bürgerbegehren erreichen. Und genau dazu kommt energischer Widerspruch zur Sache und zum SPDVorgehen aus den städtischen Schulen, die doch eigentlich vom SPD-Vorstoß profitieren sollen.

Ingrid Pappler ist verwundert

Ingrid Pappler, Rektorin der Grundschule Süd, die auch im Namen ihrer Kollegin Silvia Feld (Stephani-Grundschule) spricht, nimmt mit großer Verwunderung eine Aussage in den sozialen Medien zur Kenntnis, wonach die (kleinen) Grundschüler hier ungerecht behandelt würden und eine Gesundheitsgefährdung zu befürchten sei, nachdem der Kreistag für „seine“ Gymnasien und Realschulen bereits Luftfiltergeräte angeschafft habe.


Auftakt der Unterschriftenaktion vor der Stephani-Schule


In den letzten Monaten führten die Rektorinnen mit dem Sachaufwandsträger, also der Stadt Gunzenhausen, immer wieder intensive Gespräche über eine mögliche Anschaffung von Luftfiltergeräten für unsere Schulen. Das Ergebnis: „Wir waren uns einig darüber, dass an unseren Schulen die Notwendigkeit für einen sinnvollen Einsatz von Lüftungsgeräten nicht gegeben ist und dass wir deshalb die Anschaffung von Luftfiltergeräten ablehnen“, blickt Pappler zurück.

Sie nennt auch die Gründe, warum die Schulleiterinnen ausdrücklich gegen die Anschaffung von Luftfiltergeräten waren:Erstens erlaubten die räumlichen Gegebenheiten ein effektives Stoß- und Querlüften problemlos in allen Klassenzimmern der beiden Schulen. Dies seie auch schon lange vor der Corona-Pandemie – auch im Winter – praktiziert worden, ohne dass die Raumtemperaturen zu sehr absanken und die Kinder froren. Nur sei bislang darüber nicht groß gesprochen worden.

CO2-Ampeln in fast allen Klassenzimmern

Zweitens, so Pappler, stehen in fast allen Klassenzimmern der Schulen CO2-Ampeln zur Verfügung, um die Qualität der Raumluft während des Unterrichts ständig zu überwachen: Diese Ampeln leuchteten fast immer grün und nur sehr selten orange (das war dann das Signal zum Lüften). Eine rot leuchtende Ampel wurde in keinem Klassenzimmer registriert. Allein dies zeigt schon, dass die Raumluft in den Klassenzimmern während des Unterrichts gut mit Frischluft angereichert ist, stellt die Schulleiterin weiter fest.


Gunzenhäuser Bauausschuss votiert gegen den Kauf von Luftreinigungsgeräten


Und: Da Luftfiltergeräte weder CO2 noch Wasserdampf aus der Raumluft entfernen, empfiehlt das Umweltbundesamt (UBA) weiterhin die Fensterlüftung als vorrangige Maßnahme – auch in der kalten Jahreszeit. Pappler verweist zudem auf die im Auftrag der Kultusministerkonferenz (KMK) verfasste UBA-Handreichung „Lüften in Schulen“ vom 15. Oktlober 2020. Darin heißt es, dass in Schulen intervallartig über weit geöffnete Fenster gelüftet werden solle. Diese Maßnahme sei rasch und einfach umsetzbar und biete einen wirksamen Schutz, weil die Außenluft nahezu virenfrei sei.

Drittens stellt die Rektorin fest, dass die im Winter unvermeidliche Abkühlung der Raumluft durch Stoßlüften nur für wenige Minuten anhalte und aus medizinischer Sicht unbedenklich sei. Viertens verursachten Luftfiltergeräte mit mehr als 40 Dezibel Grundrauschen (je wirksamer – je lauter) eine „akustische Dauerbelastung für Schüler und Lehrkräfte“.

Ständiges Grundrauschen

Durch dieses Grundrauschen müssten die Kinder und vor allem die Lehrkraft lauter sprechen. Das ist auf Dauer nicht nur sehr anstrengend, sondern erhöh – durch das lautere Sprechen – auch eine mögliche Virenlast im Klassenzimmer. Bei Aufgaben, die von jedem Kind konzentrierte Aufmerksamkeit erfordern, würden die Schülerinnen und Schüler durch das Grundgeräusch dauerhaft abgelenkt und gestört. Konzentriertes Arbeiten sei durch die Lärmbelästigung stark beeinträchtigt.

Außerdem, so ein weiteres Argument der beiden Rektorinnen, seienLuftfiltergeräte groß, schränkten den Platz in den Klassenzimmern ein und störten damit die pädagogische Flexibilität beim Wechsel von Arbeitsformen der Schüler.

Hinzu komme, dass in der Regel Luftfiltergeräte im hinteren Bereich des Klassenzimmers aufgestellt würden, obwohl sie am wirkungsvollsten in unmittelbarer Nähe der Virusquelle wären. „Nur weiß ja niemand, wo in einer Klasse mit 24 Kindern eine mögliche Virusquelle sitzt. Je größer der Abstand vom Gerät, umso weniger wirksam arbeitet es. In einem Klassenzimmer mit rund 60 Quadratmtern ist damit die Wirkung solcher Luftfiltergeräte sehr, sehr unterschiedlich“, führt Ingrid Pappler an.


Der Kreistag hat den Kauf von Luftreinigern beschlossen


Mobile Luftreinigungsgeräte versprächen, virushaltige Partikel in der Raumluft herauszufiltern. Ob die versprochenen Minderungen ausreichen, um eine Infektionsgefahr in dicht besetzten Klassenräumen abzuwenden, sei nach jetzigem Stand der Forschungen überhaupt nicht belegt.

Nur eine Elternanfrage

Als Schulleiterin der Grundschule Süd habe sie zu Schuljahresbeginn 2021/22 eine einzige Elternanfrage erhalten, ob schon Lüftungsgeräte angeschafft worden seien. Diese Frage habe sie mit einem klaren Nein beantwortet und die Entscheidung sachlich begründet. Im Übrigen hätten sich sowohl das Lehrerkollegium als auch der Elternbeirat der Grundschule Süd gegen eine Anschaffung von Luftfiltergeräten ausgesprochen.


Zum Schulstart gab's Lebkuchenherzen und Schutzengel


Pappler spricht auch direkt die SPD und deren Bürgerbegehren an (der Altmühl-Bote berichtete zuletzt am 21. Oktober). Sie nehme mit größter Verwunderung zur Kenntnis, dass es keiner der Initiatoren des Bürgerentscheids für notwendig erachtet habe, ein Gespräch mit den beiden Grundschulleiterinnen zu suchen und sich vor Ort ein Bild zu machen. „Da mischt man sich intensiv in unsere schulische Arbeit ein, ohne uns fachlich mit einzubeziehen. Soll uns Schulen ungefragt da etwas Ungewolltes übergestülpt werden? Aus welchem Grund, und aus welcher Motivation heraus?“