Wahl ohne Wahlkampf: Drei Bewerber in Weisendorf

9.1.2021, 07:00 Uhr
Wahl ohne Wahlkampf: Drei Bewerber in Weisendorf

© Archivfoto: Matthias Kronau

Aufgrund der Pandemie wurde zwischen den drei Kandidaten Karl-Heinz Hertlein (CSU), Ernst Rappold (Bündnisgrüne) und Franz Dellermann (Unabhängige Wählergruppe Buch-Nankendorf) so gut wie kein Wahlkampf geführt, lediglich Flyer wurden verteilt.

Wegen der Corona-Pandemie können in den Ortsteilen auch keine Wahllokale eingerichtet werden. Der Ort Weisendorf wurde teilweise neu eingeteilt. Die Wahlbenachrichtigungen für rund 5100 Wahlberechtigte von 6871 Einwohnern (Stand Juli 2020) wurden Ende Dezember an alle Wahlberechtigten in Briefform verteilt.

Nicht höher als bei der vorhergehenden Kommunalwahl zeigte sich bis zur Stunde der Briefwahlanteil, informiert Eva Fröhlich, Geschäftsstellenleiterin und Wahlleiterin im Rathaus. Sie appelliert, dass sich noch mehr Bürger für die Briefwahl entscheiden mögen, um das Risiko einer Corona-Infektion zu minimieren.

Briefwahl auch am Sonntag

Bis Sonntag, 17. Januar, maximal 15 Uhr können Briefwahlunterlagen im Rathaus abgeholt werden. Allerdings wäre es ratsam, vorher zu kommen, da ja noch gewählt werden muss. Bis 15 Uhr müssen die Briefwahlunterlagen in jedem Fall im Rathaus-Briefkasten liegen.

"Eine reine Briefwahl bedürfte einer Gesetzesänderung", beantwortet Eva Fröhlich zudem eine dieser Tage oft gestellte Frage: "Die Gemeinde hat keinen Einfluss darauf." So befinden sich insgesamt zwei Briefwahllokale und vier Urnen-Wahllokale in der Aula der Grundschule, in der Mehrzweckhalle, in der Aula der Grundschule I, in der Aula der ehemaligen Hauptschule.

Die beiden Briefwahllokale sind in der Grundschule II und im Sitzungssaal des Rathauses untergebracht.

Feuerwehrhäuser oder Kindergärten wurden als Wahllokale in Pandemie-Zeiten ausgeschlossen. Dort erwiesen sich die Begegnungswege zu eng, Einbahnmöglichkeiten waren nicht gegeben.

Nur mit Maske werden Wähler bei den Wahllokalen eingelassen und auch jeweils nur so viele Personen, wie Wahlkabinen im Wahllokal aufgebaut sind. Das heißt, es könnten sich bei winterlichen Temperaturen auch Warteschlagen ergeben. Wähler können ihre eigenen Stifte mitbringen.

Ein Ordnungsdienst sorgt dafür, dass sich wegen lange vermisster sozialer Kontakte keine Menschengruppen ohne Abstand bilden.

Alle Wahlhelfer – und diesmal "tat sich die Gemeinde besonders schwer, welche zu finden", erwähnt Eva Fröhlich, müssten FFP2-Masken tragen. Ein ausdrückliches Lob der Wahlleiterin gilt jetzt schon dem Einsatz der Wahlhelfer.

Info-Link für Ergebnisse

Im Rathaus wird für die Ergebnisse der Bürgermeisterwahl, die zwischen 18.45 Uhr und 19.30 Uhr am Sonntag ausgezählt sein dürfte, ein Info-Link auf der Internet-Startseite der Gemeinde eingerichtet: www.weisendorf.de – über diesen Link werden die Ergebnisse der Stimmbezirke zeitnah eingespielt.

Notwendig geworden ist die Wahl eines neuen Gemeindeoberhaupts nach dem unerwarteten Tod des beliebten Bürgermeisters Heinrich Süß (UWG) im September 2020, der in seine zweite Amtszeit eingetreten war. Keine Wahlversammlungen, keine öffentlichen Auseinandersetzungen, keine Podiumsdiskussionen gingen nun dem Wahltag voraus.

In Absprache hatten sich die drei Bewerber Karl-Heinz Hertlein (CSU), Ernst Rappold (Bündnisgrüne) und Franz Dellermann (UWG) darauf verständigt, aus Pietätsgründen und wegen des Pandemie-Geschehens so gut wie keinen Wahlkampf zu führen.

Für nordbayern.de/herzogenaurach stellen sich die drei Bewerber auf Anfrage vor und geben Antworten auf vier Fragenkomplexe.

1. Worin sehen Sie Ihre Arbeitsschwerpunkte für den Fall einer Wahl zum Bürgermeister?

2. Welche Koalitionen im Gemeinderat wären für Sie vorstellbar?

3. Wie sehen sie die wirtschaftlichen Perspektiven für Weisendorf nach dem Pandemie-Jahr 2020?

4. Der Grünen-Kandidat Ernst Rappold erklärte in seiner Nominierungsrede, die Schätze Weisendorfs heben zu wollen. Was wären für Sie "Weisendorfs Schätze"?

CSU-Bewerber

Wahl ohne Wahlkampf: Drei Bewerber in Weisendorf

© Foto: CSU

Karl-Heinz Hertlein, wohnhaft in der Ringstraße 28 in Weisendorf-Oberlindach, 56 Jahre alt, ledig. Er absolvierte ein FH-Studium Landwirtschaft mit Abschluss Dipl.-Ing. (FH) und übt den Beruf des selbstständigen Land- und Teichwirts aus. Er ist Mitglied im Marktgemeinderat Weisendorf seit Mai 1996 und zweiter Bürgermeister seit 2014. Kreistagsmitglied seit 2002.

Statement: "In diesem Jahr ist die Baustelle Ballsporthalle fertigzustellen, danach ist die Planung und Gestaltung der Außenanlagen und des in der Nähe befindlichen Festplatzes durchzuführen. Die Errichtung eines Gebäudes für sozialen Wohnungsbau in der Gerbersleithe in Zusammenarbeit mit der GewoLand steht an. Ferner die Unterstützung des Sparkassenneubaus im Ortskern durch ein Bebauungskonzept, anschließend Umgestaltung des Marktplatzes. Der Ausbau der Kinderbetreuung durch Planung eines Waldkindergartens und Anbaus am Kinderhaus St. Josef muss realisiert werden. Außerdem geht es um die Verbesserung der digitalen Ausstattung der Schule und Sanierung des Flachdaches.

Auch Planungsvorbereitungen für altersgerechtes Wohnen/Seniorenheim stehen an. Die Umsetzung einer soliden Haushalts- und Finanzpolitik, trotz der Herausforderungen der Corona-Pandemie ist notwendig.

Die Frage der Koalitionsbildung stellt sich bei einer reinen Bürgermeisterwahl nicht. Die Zusammenarbeit im Gemeinderat funktioniert bislang recht gut. Sowohl die Struktur bei den Gewerbetreibenden, wie auch der Arbeitnehmer in der Gemeinde ist breit gestreut, deshalb wird der Gemeinde der finanzielle Boden nicht gänzlich unter den Füßen weggezogen. Aber auch unsere Gemeinde wird große Einbußen auf der Einnahmeseite erleiden.

Zu "Weisendorfs Schätze heben": Jeder interessierte Bürger weiß, dass Weisendorf eine Theatergruppe hat und Fahrten zu großen Theatern organisiert werden. Von Lesepaten in der Schule, über die Leseinsel bis zur aktiven Seniorenarbeit mit Vorträgen und Tanz- und Bewegungsgruppen wird Gemeinschafts- und Kulturgut hochgehalten. In Weisendorf pflegt der Heimatverein und der Arbeitskreis Brauchtumspflege das Brauchtum. Die Gemeinde veranstaltet das Schlossgartenfest, die Kerwa, einen Markttag, einen Weihnachtsmarkt. Die größten Schätze liegen aber in der Bürgerschaft."

Grünen-Kandidat

Wahl ohne Wahlkampf: Drei Bewerber in Weisendorf

© Foto: Grüne

Ernst Rappold, 62 Jahre alt, verheiratet, lebt seit 1992 in Weisendorf. Studium der Architektur in Nürnberg, tätig als freischaffender Medien-, Produkt- und Gebäudedesigner. Fast 15 Jahre bei den Weisendorfer Grünen, seit 2020 Gemeinderat und im Bauausschuss. Als Vertreter des Grünen-Kreisverbandes Erlangen-Land wirkte er bei Bezirks-, Landes-, und Bundesversammlungen der Partei mit.

Statement: "Weisendorf ist in vielem ,stecken geblieben‘– es ginge mehr. Ich möchte, als großes Ziel, den Ort für eine ,grüne‘ Zukunft fit machen. Ja, kleiner geht es leider nicht mehr. Unser Planet braucht uns jetzt. Ich habe einen politischen Grundsatz: Richtig hat weder eine Richtung noch eine Farbe. Ob rechts (national völkischer Irrsinn natürlich ausgeschlossen), links, rot, schwarz, orange oder grün – ich will das Richtige für Weisendorf tun. Wir Gemeinderäte sind nicht gewählt worden, um Koalitionen zu bilden, sondern um mit einer demokratischen Mehrheit Weisendorf liebens- und lebenswerter zu machen.

Weisendorf hat das Potenzial, ein moderner, lebendiger Ort zu werden.Unter ,Schätze‘ stelle ich mir vor, dass der Marktplatz ist ein attraktiver Platz des Aufenthalts ist. Dort halten Busse aus Neustadt/Aisch, Herzogenaurach, Höchstadt und Erlangen und man kann einfach mit einer der Linien das gewünschte Ziel erreichen. Weisendorf könnte ein perfekter Umsteigeknoten und Treffpunkt auch für Radfahrwege werden.

Ich stelle mir vor, dass Weisendorf energieautark wird. Im eigenen Stromnetz wird nachhaltiger Strom aus Bürger-Wind-, Solar- oder Biogasanlagen direkt an die Weisendorfer*innen geliefert. Wir haben ein eigenes Stromnetz – ich würde es nutzen. Ich stelle mir vor, es gibt kulturelle Veranstaltungen mit Künstler*innen und Kulturschaffenden aus aller Welt. Räume und engagierte Menschen haben wir – was hält uns auf? Ich stelle mir vor, ich gehe im Sommer an den Mühlweiher, finde dort eine Liegewiese und eine Badebucht. Der Weiher ist da – sorgen wir doch für den Rest. Ich stell’ mir vor, es gibt am Nord-Ufer des neugestalteten Badweihers ein Café/Restaurant in bester Lage, weil die Marktgemeinde das Anwesen am Birkenhof in die Hand genommen und zu einer großartigen Lösung geführt hat."

UWG-Bewerber

Wahl ohne Wahlkampf: Drei Bewerber in Weisendorf

© Foto: UWG

Franz Dellermann: 56 Jahre, Technischer Betriebswirt, wohnhaft in Buch, verheiratet, zwei erwachsene Kinder, keine kommunalpolitische Erfahrung, Vorsitzender der Unabhängigen Wählergruppe Buch-Nankendorf.

Statement: "Wir haben in der UWG unsere Arbeitsschwerpunkte bereits im Frühjahr 2020 zur Kommunalwahl festgelegt, an diesen werde ich weiterarbeiten. Es sind der Neubau von Kindertagesstätten und Seniorenresidenz, die Infrastruktur wie Radwege und Straßensanierung, der Klimaschutz, die Artenvielfalt und Energiewende, die Umgestaltung des Marktplatzes. Ein zusätzlicher Arbeitsschwerpunkt wird noch der soziale Wohnungsbau.

Bisher wurde mit allen Fraktionen gut zusammengearbeitet, was sich auch nicht ändern soll. Vorschläge fanden stets eine breite Mehrheit, was an den Gemeinderatsbeschlüssen zu sehen ist. Schließlich geht es um unseren Markt Weisendorf.

Aktuell ist die Gemeinde schuldenfrei. Der neue Haushalt ist noch nicht verabschiedet, aber ich gehe von einer angespannten Haushaltslage aus, da sich die Einnahmen im Verwaltungshaushalt verringern werden. Dennoch müssen wir die laufenden Vorhaben beenden und unseren Pflichtaufgaben nachkommen. Um weiter gute Rahmenbedingungen für Bürger und Bürgerinnen sowie Unternehmer zu haben, wird eine Kreditaufnahme für Investitionen notwendig sein, um attraktiv zu bleiben.

Neue Vorhaben sind sicher nach "wichtig" und "dringend" zu kategorisieren. Die Kategorisierung ist laufend zu prüfen und anzupassen, um eine solide Haushaltspolitik fortsetzen zu können. Man muss aber dennoch auch weiter in die Zukunft schauen, denn es gibt noch viele, viele Jahre nach der Pandemie. Aus meiner Sicht ist der größte Schatz bereits gehoben, es sind die Bürger und Bürgerinnen. Ganz besonders unsere vielen Ehrenamtlichen in Vereinen und Institutionen. Diese gilt es, auch in Zukunft zu unterstützen und zu motivieren.

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