Bundestagswahl 2021

"Horch amol" mit Tessa Ganserer: Im Bundestag muss mehr Vielfalt einziehen

12.5.2021, 16:56 Uhr

Sie ist studierte Forstwirtin und war in ihrer ersten Legislaturperiode im bayerischen Landtag bei den Grünen für die Verkehrspolitik zuständig. Natürlich ist der Wald eine "Herzensangelegenheit" von ihr. Doch als Tessa Ganserer vor zweieinhalb Jahren ihre Transidentität öffentlich machte, geht es bei Terminen mit ihr fast ausschließlich um queerpolitische Themen.

Auch im Podcast mit NN-Chefredakteur Michael Husarek und Online-Chef Matthias Oberth spricht Ganserer ausführlich über Gleichstellung und Akzeptanz. Gleichwohl betont sie, dass im Bundestagswahlkampf die "urgrünen" Bereiche Klimaschutz, Energie- und Verkehrswende, Artenschutz und ökologischer Landbau im Vordergrund stehen werden.

Ihr voraussichtlicher Wechsel in die Bundespolitik - der 43-Jährigen werden gute Chancen auf das Direktmandat im Stimmkreis Nürnberg-Nord eingeräumt und sie steht auf einem sicheren Listenplatz der bayerischen Grünen - begründet Tessa Ganserer nicht zuletzt durch den großen Zuspruch, den sie seit ihrem Outing erhalten hat. Ihre persönliche Geschichte hat Menschen weit über Bayern hinaus berührt und habe ihr gezeigt, dass im Bundestag noch mehr Vielfalt einziehen muss.

"Nicht alle haben die Kraft, um über ihre Diskriminierungserfahrungen zu sprechen", sagt Ganserer. Für ihr "anders sein" werden Lesben, Schwule, Transsexuelle, transidente oder asexuelle Menschen nach wie vor "verspottet, gemobbt und verlieren ihren Arbeitsplatz, weil sie rausgeekelt werden." Alles nur, weil sie "lieben, wie sie lieben, weil sie sind, wie sie sind", so die Landtagsabgeordnete.

Zwar gebe es das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), doch es geht ihr nicht nur um eine rechtliche Gleichstellung, sondern um die Akzeptanz in der Gesellschaft. Tessa Ganserer nimmt dabei eine "offene und tolerante Gesellschaft" wahr, dennoch gebe es Menschen die "Hass und Hetze" verbreiten. Mit Aufklärung möchte sie fehlendem Wissen begegnen. "Das Weltbild, das wir haben, legen wir uns ja nicht selbst zu", sagt Ganserer. Sie habe sich "wahnsinnig schwer getan", sich so zu akzeptieren, wie sie heute ist und das, obwohl sie ein "weltoffener Mensch" sei.

Mit ihrer Bundestagskandidatur verbindet Tessa Ganserer die Hoffnung, dass "wir im Herbst eine Bundesregierung bekommen, die die Menschenwürde von queeren Menschen akzeptiert und sämtliche rechtlichen noch vorhandenen Benachteiligen beseitigt". Damit sei zwar die "gesellschaftliche Akzeptanzarbeit" nicht erledigt, aber sie ist davon überzeugt, dass "queerpolitische Themen gesetzt und nicht verhandelbar" sind. Ganserer macht auch in der Kirche eine "Aufbruchstimmung" aus und trotz der gegenteiligen Signale aus dem Vatikan, sieht sie die Kirche nicht als "monolithischen Block", sondern entdeckt viele Strömungen, die konservative Denkstrukturen aufbrechen.

Auf ihre bisherige Zeit als Landtagsabgeordnete blickt sie mit "gewisser Genugtuung" zurück. Es sei aus der Opposition heraus gelungen, den Freistaat mitzugestalten. Ein Grund dafür sei auch, dass "Markus Söder wie wenig andere CSU-Politiker für den CSU-Urinstikt des Machterhalts" steht. Das erfolgreiche Volksbegehren "Rettet die Bienen" und das starke Wahlergebnis der Grünen bei der Landtagswahl 2018 hätten dazu geführt, dass "die kategorische Ablehnung umweltpolitischer Forderungen der Grünen nicht mehr durchzuhalten war", ist sich Tessa Ganserer sicher. "Wir konnten unsere Themen mehrheitsfähig machen", freut sich die Abgeordnete der Grünen und will ihren Weg konsequent in der Bundespolitik fortsetzen. Doch hören Sie selbst...

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