Kommentar: Öffnet die Gartenmärkte wieder!

4.4.2020, 14:27 Uhr
In Gartenmärkten kann gut Abstand halten und notfalls auch ohne Beratung gut einkaufen. Ihre Wiedereröffnung ist überfällig.

© Hans-Joachim Winckler In Gartenmärkten kann gut Abstand halten und notfalls auch ohne Beratung gut einkaufen. Ihre Wiedereröffnung ist überfällig.

Man kann es ja ein bisschen verstehen. Da verkündete die bayerische Staatsregierung ihre ersten Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus. Die Schulen waren ab dem 16. März dicht. Ab dem 18. März folgten die meisten Läden, der Gaststättenbetrieb wurde eingeschränkt. Schwimmbäder, Kino, Clubs, Bar, Bibliotheken und alle anderen Freizeiteinrichtungen mussten schließen.

Und trotz all dieser Bemühungen schossen die Infektionszahlen immer weiter in die Höhe. Klar, wegen der mehrtägigen Inkubationszeit konnten sich die Maßnahmen ja auch noch gar nicht bemerkbar machen. Doch das machte die Politik so nervös, dass sie nicht warten wollte, ob die Maßnahmen auch greifen.

Überhastete Panikreaktion

Zehn bis 14 Tage sollte man da normalerweise verstreichen lassen. Doch die Staatsregierung wollte sich nicht nachsagen lassen, zu wenig getan zu haben und unnötig Leben aufs Spiel gesetzt zu haben. Deshalb tat sie in diesem Augenblick eben lieber zu viel und verkündete am 20. März auch noch, dass ab dem kommenden Tag alle Gartenmärkte geschlossen bleiben müssen.

Eine überhastete Panikreaktion, bei der die Staatsregierung übers Ziel hinausgeschossen ist, wie man heute wohl sagen darf. Verständlich angesichts der Brisanz der Lage, sicherlich. Auch wenn es wohl etwas daneben war, so zu tun, als hätten ausgerechnet in Gartenmärkten massenhaft Corona-Partys stattgefunden. Aber spätestens jetzt, da alle anderen Maßnahmen langsam wirken, wäre es auch an der Zeit, ehrlich zu überprüfen, ob wirklich alle Verbote nötig waren.

Im Fall der Gartenmärkte darf man das wohl getrost verneinen. Man sollte sie sofort wieder öffnen. Und diese Forderung hat nichts mit einer verfrühten Diskussion um eine Exit-Strategie zu tun. Beschränkungen machen ja nur da Sinn, wo wirklich eine erhebliche Gefahr besteht.

Nur ein Wagen pro 100 Quadratmeter Verkaufsfläche

Längst hatte der Verband der Garten-Center aber strenge Vorgaben für seine Mitglieder ausgegeben. Jeder Kunde durfte nur noch einzeln in den Laden, und zwar nur mit Einkaufswagen. Diese Wagen wiederum waren auf ein Exemplar pro 100 Quadratmeter Verkaufsfläche begrenzt. Mehr als genug Platz also, um sich großräumig aus dem Weg gehen zu können. Weitere Maßnahmen vervollkommneten den Schutz.

Das Infektionsrisiko war auf diese Weise viel geringer als in jedem Supermarkt und jedem bevölkerten Park. Gewiss, Blumen und Pflanzen braucht man nicht zum Überleben. Aber man darf den Menschen in ihrer Isolation ruhig auch ein bisschen Freude gönnen, wenn das Infektionsrisiko dabei auch noch vernachlässigbar ist. Ohne Not hat man den Menschen das genommen, was in den meisten anderen Bundesländern noch möglich ist. Und ohne Not hat man Unternehmen und tausende Mitarbeiter in Bayern in Existenznöte gebracht (die den Staat auch noch viel Geld kosten, das er anderswo derzeit sinnvoller einsetzen könnte) und einen ganzen Wirtschaftszweig ruiniert.

Not-Friseure mit Vollschutz?

Bei den Friseuren mögen auch in zwei Monaten nur Not-Friseure mit Vollschutz möglich sein, die einem Volk bayerischer Zausel dann Zehn-Minuten-Not-Haarschnitte verpassen. Bei den Gartenmärkten, die, anders als die meisten anderen Läden, eben auch noch verderbliche Ware verkaufen, ist schon jetzt sehr viel mehr möglich. Bayern darf ruhig weiter den harten Hund geben. Aber eben nur dort, wo wirklich Gefahr droht.

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