Betriebe laufen Sturm

Kostet das Schäufele bald mehr als 20 Euro - droht Franken ein Wirtshaus-Sterben?

Johannes Lenz

Nordbayern-Redaktion

E-Mail zur Autorenseite

25.8.2023, 06:00 Uhr
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Preise für Schäufele könnten im kommenden Jahr noch stärker durch die Decke gehen als bisher.

© imago stock&people Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Preise für Schäufele könnten im kommenden Jahr noch stärker durch die Decke gehen als bisher.

Wer erinnert sich nicht gerne zurück an die Zeiten, als ein Döner nur drei Euro gekostet hat? Und als man für zehn Euro im Restaurant noch ein Hauptgericht mit Getränk bekommen hat? Die Preise, die man heute zahlen muss, um sich außer Haus verköstigen zu lassen, schmecken jedenfalls den Wenigsten. Ein Ende der Entwicklung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Wenn im kommenden Jahr die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wieder steigen sollte, muss man für Pizza, Sauerbraten & Co. noch deutlich tiefer in die Tasche greifen.

"Es ist ein Teufelsrad", beschreibt Dr. Gerhard Engelmann, Bezirksgeschäftsführer der Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband in Mittelfranken, die aktuelle Situation der Gastronomie. Noch immer würden viele Betriebe mit den Nachwirkungen der Corona-Pandemie kämpfen, obendrein käme die Belastung durch gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten, die in Form von erhöhten Preisen weitergegeben werden müssten.

Preissteigerungen unvermeidbar

Sollte der Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie nun wieder von sieben auf 19 Prozent angehoben werden, wäre das mit zusätzlichen Preissteigerungen verbunden. "Wer zahlt das in diesen inflationären Zeiten überhaupt?", fragt Engelmann. Er teilt die Befürchtung vieler Gastwirte, dass durch die Entscheidung ein Einbruch der Gästezahlen droht.

Dieses Szenario beschäftigt auch Gerhard Rippel, einer von drei Eigentümern des legendären "Bratwursthäusle" in der Nürnberger Altstadt. Sein Betrieb habe sich zwar von den Auswirkungen der Corona-Pandemie gut erholt, auch die Preiserhöhungen für Speisen durch gestiegene Kosten für Lebensmittel, Strom, Pacht und Personal würden sich bisher in Grenzen halten. Doch ab nächstem Jahr könnte sich das ändern: Dann steigt der gesetzliche Mindestlohn, und wenn dann auch noch die Mehrwertsteuer erhöht wird, zahlen die Kunden mit.

Massive Preissteigerungen drohen - Gaststätten befürchten leere Säle

Konkret geht Rippel in diesem Fall von einer flächendeckenden Preiserhöhung von bis zu 20 Prozent aus. "Die Leute werden sich dann genau überlegen, wie oft und wo sie zum Essen gehen. Ein Schäufele für unter 20 Euro wird es nicht mehr geben". Dank der exponierten Lage seines "Bratwursthäusle" könne Rippel die fehlende Kaufkraft der Bürger zum Teil durch Touristen und Geschäftsleute kompensieren, die regelmäßig bei ihm einkehren. Nichtsdestotrotz betont Rippel, dass auch er und sein Betrieb die Auswirkungen einer Mehrwertsteuererhöhung zu spüren bekommen würden.

Prekärer sieht die Situation auf dem Land aus, dort sind die Betriebe auf Einnahmen durch die örtliche Bevölkerung angewiesen. Etwa in Großhabersdorf im Landkreis Fürth, wo Wolfgang Lang in dritter Generation die Gaststätte "Zum Roten Ross" betreibt. Sein Betrieb sei immer noch gebeutelt von der Corona-Krise, der Wirt kämpft um den Fortbestand seines Lokales: "Wir dürfen jede Woche um unser Überleben arbeiten", schildert er die Situation. Wenn jetzt auch noch die Mehrwertsteuer erhöht werde, verschärfe das die Situation im "Roten Ross" noch weiter: "Die Gäste haben auch Inflation", stellt Lang nüchtern fest.

Politik in der Pflicht - andernfalls droht vielen Betrieben das Aus

Dr. Gerhard Engelmann fordert deshalb, den Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie dauerhaft bei sieben Prozent zu belassen. "Man muss sehen, dass man eine Branche sehr schwächt, vielleicht sogar kaputt macht, wenn man nicht beim aktuellen Mehrwertsteuersatz bleibt", mahnt Engelmann.

Denn obwohl sich viele Betriebe einigermaßen von den Einschränkungen des Lockdowns erholt hätten, lägen die Umsatzzahlen noch unter dem Vor-Corona-Niveau im Jahr 2019. Dabei seien die Wirte auf die Einnahmen angewiesen, um die Nachwehen der Corona-Krise zu finanzieren: Viele Wirte müssten noch KfW-Kredite aus Corona-Zeiten abbezahlen, manche hätten ihre Altersvorsorge aufgelöst, um ihren Betrieb zu retten, und müssten diese jetzt wieder aufstocken.

Wenn jedoch die Mehrwertsteuer wieder angehoben wird, könnten erneut die Gäste - und damit auch die dringend benötigten Umsätze - ausbleiben. Viele Betriebe würden das nicht überleben. Engelmann und der Hotel- und Gaststättenverband appellieren deshalb an die Politik, die Entscheidung zu überdenken - damit die Küche in den Gaststätten nicht für immer kalt bleibt.

Verwandte Themen


15 Kommentare