Es gibt gute Gründe für eine Urnenwahl
"Briefwahl ist Papierverschwendung": Warum Nürnberger ins Wahllokal gehen
26.9.2021, 15:50 Uhr
Jahrzehntelang gab es feste Rituale. Die einen wollten ihrer Bürgerpflicht gleich am Morgen nachkommen, andere erledigten die Stimmabgabe nach dem Gottesdienst oder verbanden sie mit dem Sonntagsspaziergang. Manch einer soll sich für das Setzen seiner Kreuzchen sogar extra schick gemacht haben.
Seit einigen Jahren erfreut sich die Briefwahl immer größerer Beliebtheit. Ihre Befürworter sind sich einig: Die Briefwahl ist einfach, bequem und ermöglicht es, zu Hause in Ruhe die Kandidaten und Parteien auf dem Stimmzettel zu studieren.
Patrick Neubauer kann dieser Argumentation nur wenig abgewinnen. Der 38-Jährige hat gerade seine Erst- und Zweitstimme in der Ludwig-Uhland-Schule im Nürnberger Norden abgegeben. Für ihn die deutlich angenehmere Variante, wie er selbst sagt.
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Warum hätte er den postalischen Weg wählen sollen? Er wohnt nur wenige Straßen entfernt, die zwei Kreuzchen sind schnell gemacht und nach wenigen Minuten ist alles erledigt.
Die von Briefwählern angeführte Bequemlichkeit kann er nicht nachvollziehen. Den Aufwand, erst Briefwahlunterlagen anzufordern und sie dann erneut loszuschicken, hält der gebürtige Forchheimer für größer als den Gang an die Urne, die Briefwahl folglich für "Papierverschwendung".
Die Tochter war es
"Eigentlich gibt es momentan nur zwei Gründe für eine Briefwahl", sagt Roland Berger: "Entweder man ist am Wahltag unterwegs oder hat Angst, sich anzustecken." Die Entscheidung seiner Familie, das Wahllokal am Sonntagvormittag aufzusuchen, war vor allem pragmatischer Natur. "Unsere Tochter ist fünf Jahre alt. Sie wollte unbedingt in die Schule", sagt Kyra Berger und lacht. "Die Uhland-Schule ist immer einen Besuch wert", gibt ihr Roland Berger recht.

Reinhard Beck hat seit 1976 keine Wahl in Nürnberg verpasst. Die amtliche Wahlbenachrichtigung hält er fest in seinen Händen, als er die Grolandstraße entlang läuft. Erst kurz vor dem Schuleingang fällt dem 67-Jährigen auf, dass er seine Maske vergessen hat. Wenig später hat aber auch er abgestimmt. "Die sind hier wirklich top vorbereitet", lobt der gebürtige Oberfranke die Organisation. So hat er von einem Wahlhelfer einen Mund-Nase-Schutz bekommen.
Eric Krapf ist mit den Abläufen einer Bundestagswahl bestens vertraut. Seit vielen Jahren gehört der 59-Jährige regelmäßig den Wahlvorständen an, die für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Auch diesmal zählt er zu den laut Wahlamtsleiter Wolf Schäfer 4200 Mitgliedern der Wahlvorstände, wie die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer offiziell heißen.
Krapf selbst hat übrigens die Briefwahl genutzt, obwohl er seit dem Morgen mit seinem Team an der "Quelle" sitzt. "Es war eine Mischung aus Bequemlichkeit und Rationalität", sagt er. An einem so wichtigen Tag will er sich voll und ganz auf seine Tätigkeit als Wahlhelfer konzentrieren, die Wahlentscheidung habe er ohnehin längst getroffen gehabt.
Die steigende Zahl der Briefwähler komme den Wahlvorständen natürlich entgegen, reduziere sie doch den Stress vor Ort, wie Krapf einräumt. Dennoch hat er den Eindruck, dass im Vergleich zu anderen Wahlvormittagen der Vergangenheit mehr Menschen in seinem Wahlraum ihre Stimme abgegeben hätten.
"Eine ganz schlechte Entwicklung"

Und wie beurteilt Wolf Schäfer das steigende Interesse an der Briefwahl? Bis Freitagabend waren 152.350 Anträge beim Nürnberg Wahlamt eingegangen. "Ich kann es nachvollziehen, dass es für den einen oder anderen bequem ist, aber das ist eine ganz schlechte Entwicklung." Als die Briefwahl in Deutschland 1957 eingeführt wurde, erklärt der Amtsleiter, war sie für Ausnahmefälle gedacht, damit auch Menschen, die nicht ins Wahllokal gehen können, wählen dürfen.
Anders als bei der Urnenwahl werde das Wahlgeheimnis nicht überwacht. Schäfer sieht die Gefahr, dass bei der Briefwahl jemand die Stimme für jemand anderen abgeben oder zumindest Druck ausüben könnte. Hinzu komme, dass die Wahl über einen Zeitraum von vier Wochen erfolge, die Wähler also unter Umständen einen veralteten Informationsstand bei ihrer Entscheidung hatten.
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