Demo in Nürnberg: Schweigeminute für Opfer in Hanau

22.2.2020, 17:57 Uhr
Etwa 600 Demonstranten zogen am Samstagnachmittag durch die Nürnberger Südstadt.

© Günter Distler Etwa 600 Demonstranten zogen am Samstagnachmittag durch die Nürnberger Südstadt.

Allmählich füllt sich am Samstagnachmittag der Aufseßplatz mit immer mehr Menschen. Einige tragen rote Flaggen, Banner und Spruchbänder. Es ist die Initiative "Das Schweigen durchbrechen", die eine Kundgebung mit anschließendem Lauf durch die Südstadt organisiert. Es ist eine Solidaritätsveranstaltung, denn zur gleichen Zeit demonstrieren in Hanau rund 3000 Menschen gegen Gewalt von Rechts. Denn dort, in der hessischen Kleinstadt, erschoss am Mittwochabend ein 43-Jähriger aus rassistischen Motiven heraus zehn Menschen. Dann richtete er sich selbst.

In den Augen der Initiatoren ist die AfD die geistige Brandstifterin, durch deren "Hass und Hetze" der Täter angestachelt wurde, "sich in sein Auto setzte und mordete". "Wir wollen nichts mehr hören von Einzeltätern", wettert ein Redner vom sogenannten NSU-Tribunal. "Der Staatsapparat lässt solche Morde zu."

Der Tross zieht nach dem Auftakt am Aufseßplatz durch die Wölckern-, Allersberger- und Scheurlstraße. Der Zug bleibt stehen, direkt vor einem unscheinbaren Haus mit Kneipe. Hier führte der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) vermutlich seinen ersten Terror-Anschlag aus. 1999 zündeten die Rechtsterroristen in diesem Lokal eine Bombe, die in eine Taschenlampe getarnt eingebaut war. Ein 18-Jähriger Angestellter erlitt dabei schwere Verletzungen.

"Die Polizei ermittelte im Umfeld des Opfers, ein halbes Jahr später stellte sie die Ermittlungen ein", berichtet eine Rednerin. Erst 19 Jahre nach dem Anschlag habe das Opfer von Journalisten - nicht von Ermittlern - erfahren, wer hinter dem Anschlag gestanden habe. Eine Gedenktafel an der Hauswand erinnert an das erste NSU-Attentat.

Gegen 16 Uhr erreicht die Demonstration ihr Ziel: das Büro der AfD am Willy-Brandt-Platz. Das Haus steht gleich neben dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) - und wird von der Polizei dicht abgeschirmt. Es bleibt bei der verbalen Wut gegen die Partei. "Politiker erklären nach rechten Terrorakten wie in Hanau, in Halle, nach dem Mord an den CDU-Politiker Walter Lübcke und den Morden des NSU, wie sprachlos sie sind. Doch wir dürfen nie sprachlos werden."

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