Experte klärt auf: Wie gesund ist Nürnbergs Leitungswasser?

29.7.2020, 09:55 Uhr
Aus Ranna in der Oberpfalz bezieht die N-Ergie laut Bergold 39 Prozent des Nürnberger Trinkwassers.

© Robert Renner Aus Ranna in der Oberpfalz bezieht die N-Ergie laut Bergold 39 Prozent des Nürnberger Trinkwassers.

"Bei PFOS (gemeint ist Perfluoroctansulfonat, Anm. d. Red.) kann man selbst ein Nanogramm pro Liter noch feststellen." Ein Nanogramm, so ein anschaulicher Vergleich der N-Ergie, entspreche einem halben Zuckerwürfel im Wöhrder See.


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Eigentlich, betont Burkhardt bei der Pressekonferenz zu den Herausforderungen der Trinkwasserversorgung in Nürnberg, müsste die N-Ergie das Wasser gar nicht auf Arzneimittelwirkstoffe oder chemische Stoffe wie PFOS testen. Es gebe hier keine gesetzlichen Vorgaben. Dennoch führe das Unternehmen diese Tests durch und lege die Befunde auch dem Gesundheitsamt vor, das dann die Unbedenklichkeit feststellen muss.

Anders verhält es sich bei Pflanzenschutzmitteln, wo gesetzlich geregelte Parameter existieren. Im Wasserwerk Ranna zum Beispiel gebe es noch kleine Probleme mit Atrazin, das Landwirte einst beispielsweise im Maisanbau einsetzten. "Wir haben aber nie Grenzwerte gerissen", betont Burkhardt. Dass das Mittel immer noch nachgewiesen werden kann, zeige die Langlebigkeit von Atrazin – die Anwendung ist bereits seit 1991 verboten.

Abkommen mit Landwirten

In Ranna ist auch der Nitratgehalt des Wassers etwas höher als in anderen Werken der N-Ergie, insgesamt liegt er mit vier bis 15 Milligramm pro Liter aber Burkhardt zufolge weit unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter. Burkhardt und Mirjam Bergold, Bereichsleiterin Wasser bei der N-Ergie, betonen, dass sie mit über 100 Landwirten in Wasserschutzgebieten Abkommen abgeschlossen hätten. Die Bauern bekommen demnach Ausgleichszahlungen, wenn sie zur Schonung des Grundwassers auf Dünger und Pflanzenschutzmittel weitgehend verzichten.


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Aus Ranna in der Oberpfalz bezieht die N-Ergie laut Bergold 39 Prozent des Nürnberger Trinkwassers. 19 Prozent werden aus vier kleineren Wasserwerken (unter anderem in Erlenstegen) gewonnen, die wie das Werk in Ranna der N-Ergie gehören. 42 Prozent stammen aus Genderkingen in der Nähe von Augsburg und werden über den Zweckverband Wasserversorgung Fränkischer Wirtschaftsraum (WFW) nach Nürnberg vermittelt. Da es in Südbayern mehr regnet, könnte Genderkingen an Bedeutung gewinnen, weil in der Region der Grundwasserspiegel angesichts vieler heißer Sommer und niederschlagsarmer Winter sinkt. Der Jahresmittelwert der Temperatur in Bayern lag 1996 bei 7,5 Grad Celsius, im Jahr 2018 bei 11,3 Grad.

Wasserstratege Burkhardt hat ein einprägsames Beispiel parat, um die eingangs erwähnten Belastungen mit Arzneimittelstoffen einzuordnen: Wenn 100 Nanogramm Acetylsalicylsäure (ein Wirkstoff gegen Kopfschmerzen) pro Liter festgestellt würden, müsste man 7000 Jahre lang jeden Tag zwei Liter dieses Wassers trinken, um jene Mengen zu konsumieren, die in einer Tablette stecken. Wenn überhaupt, werden jedoch Stoffe in Konzentrationen unter 50 Nanogramm festgestellt.

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