Friedhofsverwaltung Nürnberg: "Wir sind im Krisenmodus"

7.1.2021, 05:55 Uhr
Friedhofsverwaltung Nürnberg:

© Foto: Brigitte Bitto/epd

Ein Leser hatte die Lokalredaktion darauf hingewiesen, dass er bei der Friedhofsverwaltung keinen Termin für die Urnenbestattung seiner Tante bekomme. Wie unsere Nachfrage ergab, konzentriert sich die Verwaltung angesichts der ausgedünnten Belegschaft und der hohen Sterblichkeitsrate in Nürnberg auf die Erdbestattungen. Hier ist auch der zeitliche Druck größer: In Bayern müssen Verstorbene 96 Stunden nach dem Todeszeitpunkt begraben sein – Kratzer ist besorgt, ob die gesetzliche Vorgabe angesichts der Umstände weiter eingehalten werden kann. Was die Urnen betrifft, so verwahrt die Verwaltung diese so lange, bis sich die Lage wieder entspannt.

Dem Behördenchef ist wichtig, dass zwischen hoheitlichem Auftrag und dem gewerblichen Sektor in seinem Verantwortungsbereich unterschieden wird. Die Toten unter die Erde zu bringen, sei eine hoheitliche Aufgabe. "Wir haben in Deutschland Friedhofspflicht."


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Der Bestattungsdienst dagegen ist gewerblich tätig und konkurriert in Nürnberg "mit 40 bis 50 Mitbewerbern". Und an diese Mitbewerber müsse er momentan auch Kunden verweisen, die sich über die Modalitäten der Beerdigung eines Angehörigen beraten lassen möchten – etwa über Sargauswahl oder Gestaltung der Trauerfeier. Der Grund: Kratzer fehlt es an Personal, weil ein Mitarbeiter wegen eines Kundenkontakts an Covid-19 erkrankte und drei weitere deswegen in Quarantäne sind.

Die verbliebenen Berater hätten genug damit zu tun, die Pflichten aus Vorsorgeverträgen zu erfüllen. Solche Verträge kann man mit einem Bestattungsunternehmen abschließen, um zu klären, was nach dem eigenen Tod mit einem geschieht.

Der Bestattungsdienst in der Friedhofsverwaltung konzentriere sich derzeit auf Sterbefälle unter den Bürgern, die solche Verträge abgeschlossen haben, und könne keine neuen Kunden beraten.

Wobei vieles auch im Fluss sei, betont Kratzer: "Die Lage ändert sich ständig." Ein Beispiel: Kürzlich hatte sein Stellvertreter Gerhard Wellenhöfer von Engpässen bei den Kühlkapazitäten im Krematorium gesprochen – inzwischen habe man zwei Kühlcontainer angeschafft. Die 240 vorhandenen Plätze würden nicht mehr ausreichen, da viele Bestattungsfirmen auch Tote aus der Region nach Nürnberg ins Krematorium brächten, deswegen benötige man die Container, erläutert Kratzer. Zudem habe er beim Personalamt um Verstärkung für sein dezimiertes Team gebeten. Der 63-jährige Behördenchef, der seine berufliche Laufbahn am Freitag beendet, hat in seiner letzten Arbeitswoche jedenfalls noch jede Menge Stress.

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