Nach Ankündigung von VW

Gibt es in Franken auch bald Kantinen ohne Fleisch auf dem Speiseplan?

10.8.2021, 18:06 Uhr
Wird sie bald auch aus fränkischen Kantinen verbannt, die Currywurst?

© Patrick Pleul, NN Wird sie bald auch aus fränkischen Kantinen verbannt, die Currywurst?

Die Currywurst ist so etwas wie das Nationalgericht der deutschen Kantine. Bei VW wurden vor Corona etwa sieben Millionen Würste in den werkseigenen Restaurants verzehrt. Umso größer der Paukenschlag, als der Autobauer ankündigte, dass eine der Kantinen künftig komplett ohne Fleisch auskommen solle. In Franken liegt das Schäufele in vielen Kantinen noch vor der Currywurst, doch auch hier werden die vegetarischen und veganen Gerichte immer beliebter.

"Wenn man mich vor zehn Jahren gefragt hätte, hätte ich so eine Entwicklung nicht geglaubt", berichtet Winfried Tolle, Leiter des Presserestaurants in Nürnberg. Seit etwa 20 Jahren bietet er vegetarische Gerichte an. Anfangs wurden davon kaum zehn oder fünfzehn verkauft, 2019 gingen gerne auch mal 120 Gemüsecurrys über den Tresen.

Begrenzter Spielraum

Dass diese die Fleischgerichte demnächst komplett ersetzen, hält er aber für unwahrscheinlich: "Die Nachfrage regelt das Angebot, und es fragen immer noch viel mehr Leute Fleisch nach." Dies sei allein eine Frage der Wirtschaftlichkeit. "Manche Firmen finanzieren da sehr großzügig bis hin zur Bio-Qualität, aber bei den meisten Kantinen ist der Spielraum begrenzt."

Ähnliches beobachtet auch Reinhard Reichinger, Küchenchef bei der Nürnberger Versicherung. Etwa 60 Prozent der verkauften Gerichte seien weiter fleischhaltig. "Die Nachfrage steigt und wir bieten immer mehr vegetarische und vegane Optionen. Aber die Gäste sollen sich das selbst aussuchen", findet er. Er bemüht sich aber, seine Zutaten möglichst regional und nachhaltig einzukaufen: "Unser Fleisch kommt von einem Metzger in Nürnberg, da wissen wir, woher die Tiere stammen."

Hoher CO2-Ausstoß durch Fleisch

Nicht allen Menschen reicht das. Der hohe Fleischkonsum - etwa 60 Kilogramm isst jeder Deutsche durchschnittlich pro Jahr - ist schädlich für die Umwelt. Etwa 8,3 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr würden eingespart, wenn die Deutschen ihren Konsum nur um ein Viertel reduzieren, das hat der Spiegel vor zwei Jahren ausgerechnet. Das ist mehr, als ein Verbot von Inlandsflügen bewirken würde.

Gerade die jüngere Generation hat daher großes Interesse an anderen Ernährungsformen. Etwa die Hälfte aller verkauften Gerichte sei mittlerweile fleischlos, berichtet Mathias Meyer, Geschäftsführer des Studentenwerks Erlangen-Nürnberg. "Das Thema Nachhaltigkeit ist von zentraler Bedeutung. Deswegen vergeben wir zum Beispiel ein CO2-Label für klimafreundliche Gerichte", erklärt er.

Erste vegane Mensa Deutschlands

Schon seit 2012 bietet mit der Cafeteria St. Paul in Nürnberg einer der Standorte des Studentenwerks ausschließlich fleischlose Gerichte an. "Mittlerweile ist das Angebot rein vegan und war damit die erste rein vegane Mensa in Deutschland", erzählt Meyer durchaus stolz. Doch auch wenn es mittlerweile jeden Tag mindestens ein veganes Gericht gibt, "gibt es auch weiterhin Gäste, die als Hauptmahlzeit gerne Fleisch essen. Um unseren Versorgungsauftrag bestmöglich zu erfüllen, bieten wir eine möglichst große Auswahl an Gerichten an."

Die Gäste nicht bevormunden, so ist auch die Position bei Siemens. Um der Umwelt Rechnung zu tragen, setze man auf "Regionalität, tiergerechte Haltung sowie eine hohe Qualität der verarbeiteten Zutaten, beispielsweise Gemüse aus dem Knoblauchsland, Milch-, Molkereiprodukte und Eis vom regionalen Bauernhof", erklärt Pressesprecher Bernhard Lott. Grundsätzlich will man aber ein Angebot für alle Essgewohnheiten haben.

Geschmack und Optik entscheiden

In einer Hinsicht ist er sich einig mit Sabine Stoll, der Sprecherin des Klinikums Nürnberg: "Wir merken, dass vegetarische und vegane Gerichte angenommen werden, wenn diese schmecken", sagt sie. "Mit der Optik kann man viel erreichen", ergänzt Winfried Tolle. Bei appetitlich angerichteten Produkten würden auch die Fleischesser umsteigen.

Was außerdem hilft, sind Sabine Stoll zufolge Aktionswochen oder Gesundheitstage mit Fitnessmenüs aus saisonalen Zutaten: "Wir machen Angebote. Dadurch lassen sich Patienten, Besucher und Mitarbeiter gerne motivieren, etwas anderes zu probieren." So habe man den Anteil fleischloser Gerichte erhöht, auch ohne Druck.

Dass es mit Druck funktioniert, hält auch Reinhard Reichinger für unwahrscheinlich. Wenn die Nachfrage steigt, will er auch das Angebot erhöhen, aber bislang seien auch die Vegetarier zufrieden. Daher wird es bei ihm, so wie bei wohl den allermeisten Kantinenchefs in Franken, noch lange Fleisch geben. "Die vegane Currywurst isst halt kaum jemand", sagt er.

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