Kommentar: Impf-Start als verspätetes Weihnachtsgeschenk

17.12.2020, 19:57 Uhr
Testlauf in Bamberg: Wie hier werden in ganz Deutschland die Impfzentren starklar gemacht.

© Nicolas Armer, dpa Testlauf in Bamberg: Wie hier werden in ganz Deutschland die Impfzentren starklar gemacht.

Am Montag nach Weihnachten soll es losgehen: In der EU, also auch in Deutschland, werden erstmals Menschen gegen Covid 19 geimpft. Ein verspätetes Geschenk, im doppelten Sinne: In anderen Staaten wird der Impfstoff schon seit Wochen verabreicht – und im Kampf gegen Corona kommt es auf jeden einzelnen Tag an. Die Kritik daran, warum der hier entwickelte Impfstoff in der EU und in Deutschland so spät startet, scheint gewirkt zu haben: Statt Januar oder gar erst Februar gibt es nun noch 2020 den Auftakt. Ob der, wie es Bayerns Kommunen nachvollziehbar wünschen, sogar schon nächste Woche, also noch vor Weihnachten, stattfinden kann, ist offen.


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Der Impfstoff kann nach allem, was von den meisten Experten zu hören ist, durchaus ein echtes verspätetes Weihnachtsgeschenk sein: BNT162b2, so der offizielle Name des Vakzins, ist offenbar ein sehr effektiver Impfstoff, der die Folgen einer möglichen Infektion nach zwei Anwendungen mindestens zeitweise drastisch reduziert oder sie ganz verhindert. Und das ist genau das, was endlich Schutz bieten kann im Kampf gegen die Pandemie.

Die Älteren sind am gefährdetsten

Die Prioritätenliste, die nun über viele Monate hinweg abgearbeitet wird, ist logisch: Es macht Sinn, zunächst ältere Menschen zu impfen. Sie sind die mit Abstand gefährdetste Bevölkerungsgruppe. Und, das zeigt sich immer mehr: Es wurde wohl zu lange zu wenig für ihren Schutz getan.

Dass erst jetzt FFP2-Masken an diese Gruppe verteilt werden, ist schwer erklärbar. Die Stadt Tübingen konzentriert sich schon seit Monaten auf die Älteren, gibt Masken aus, bietet Extra-Einkaufszeiten mit Taxi-Service für sie an – mit dem Ergebnis viel niedrigerer Infektionszahlen.

Masken-Gegner sind meist auch Impfgegner

Die Masken werden bleiben – vermutlich über 2021 hinweg. Sie können umso schneller weggelegt werden, je mehr Menschen sich impfen lassen. Doch Masken-Gegner sind in der Regel auch Impf-Kritiker. Und so wichtig es bei einer neuen Impfung ist, sorgfältigst auf Risiken und Nebenwirkungen zu achten: Es empört, was aus der AfD oder von bekannten Corona-Skeptikern an bewusster Fehlinformation über den Impfstoff zu hören ist. Das mit Genmaterial arbeitende Mittel greift, so beteuern seriöse Mediziner, eben nicht ins Erbgut ein.

Wer solche Schauerbotschaften verbreitet, der reduziert die Impf-Bereitschaft, die laut Umfragen bereits sinkt. Rund 70 Prozent der Bevölkerung sollten aber geimpft sein, damit die berühmte Herdenimmunität erreicht werden kann.

Die meisten werden abwarten müssen

Viele werden ohnehin erst im Sommer oder Herbst an die Reihe kommen. Je mehr geimpft wird, desto mehr Erfahrungen gibt es. Auch das ist ein Experiment – aber eines, dessen Risiken im üblichen Genehmigungsverfahren gründlich ausgelotet wurden. Wer Impfungen grundsätzlich ablehnt, muss nicht mitmachen. Wer abwarten will, wird dazu vermutlich ohnehin gezwungen sein. Insgesamt aber könnte der Impfstoff jene Wende im Kampf gegen Corona einleiten, die doch alle sehnlichst erhoffen.

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