Krach um Mindestlohn im Nürnberger Stadtrat
25.3.2015, 06:00 Uhr
Seit 1. Januar gilt ein flächendeckender und branchenunabhängiger Mindestlohn von 8,50 Euro brutto je Arbeitszeitstunde für Arbeitnehmer und Praktikanten. Ausnahmen sind: Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung, Auszubildende nach dem Berufsbildungsgesetz, vormals Langzeitarbeitslose während der ersten sechs Monate der Beschäftigung und ehrenamtlich Tätige.
Damit verbunden sind - von vielen Firmen und Verbänden bereits mehrfach kritisierte - Dokumentations- und Bereitstellungspflichten für Arbeitgeber. Dieser Arbeitszeitnachweis betrifft laut Vorlage für die heutige Stadtratssitzung jene Wirtschaftsbereiche, die als besonders "anfällig für Schwarzarbeit" gelten.
Großer bürokratischer Aufwand
Das sind unter anderem Bau- sowie Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Speditions-, Logistik- und Transportwesen, Personenbeförderung, Schausteller und Gebäudereiniger. Auch für "Minijobber" (maximal 450 Euro) müssen die Dokumentationen - täglicher Arbeitsbeginn, -dauer und -ende - geführt werden.
Die Aufzeichnungspflicht gilt nicht für Beschäftigte, die mehr als 2958 Euro verdienen. Eine Lockerung der Dokumentationspflichten gebe es bei Zeitungszustellern und Paketdiensten. Hier müssten nur die täglichen Arbeitszeiten festgehalten werden.
Die Nürnberger CSU-Fraktion und das Wirtschaftsreferat drängen auf eine Resolution im Stadtrat "für Bürokratieabbau beim Mindestlohn". Die Dokumentationspflichten, so Referent Michael Fraas (CSU) und Fraktionschef Sebastian Brehm, seien „gerade für kleinere und mittlere Unternehmen ein erheblicher Zeitaufwand“. Verbunden seien damit enorme Kosten. Gefordert werden Erleichterungen, etwa die Herausnahme von Praktikanten und Minijobbern sowie eine Reduktion der Dokumentationspflicht. Auch die Beschäftigung von Familienangehörigen solle vereinfacht werden. „Mittels der Resolution soll auf die Betroffenheit der lokalen Wirtschaft in Nürnberg aufmerksam gemacht werden.“
Aus Sicht der SPD-Fraktion, des DGB Mittelfranken und des Sozialreferenten dagegen gibt es keine Notwendigkeit für Änderungen. Reiner Prölß (SPD) und die Fraktionsvorsitzende Anja Prölß-Kammerer sehen weder „unnötige bürokratische Regelungen und hohen Kontrolldruck“ noch - ein weiterer Kritikpunkt der Wirtschaft - "fehlende Rechtssicherheit für Arbeitgeber".
Erst kürzlich hatten Branchenvertreter in Nürnberg gegen die "hohe Bürokratie" protestiert.
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