Gewässerschutz

Nürnberger Pegnitztal: Spannung hilft bei der Unkrautvernichtung

20.8.2021, 06:00 Uhr
Thomas Wüst bekämpft Staudenknöterich an der Großweidenmühle mit Strom.

© Günter Distler Thomas Wüst bekämpft Staudenknöterich an der Großweidenmühle mit Strom.

Weiße Rauchwolken steigen auf, es riecht verbrannt: Wer in den vergangenen Tagen auf dem Geh- und Radweg im Pegnitztal zwischen Großweidenmühle und Brückenstraße unterwegs war, konnte eigenartige Grünpflegemaßnahmen beobachten: Männer in Gummistiefeln und Arbeitskleidung rückten mit einer Elektrolanze dem dort wild wuchernden Staudenknöterich zu Leibe.

Die Männer heißen Christian Vogt und Thomas Wüst und sind Spezialdienstleister aus dem Raum Augsburg. Im Auftrag des Wasserwirtschaftsamtes setzten sie eine relativ neue, aus England stammende Methode in der Unkrautbekämpfung ein: Ein Erdungsmodul wird im Boden versenkt, es ist mit einem langen Kabel mit einer Lanze verbunden. Mit diesen beiden Geräten werden Wurzeln und Pflanzenteile unter Hochspannung gesetzt – bis zu 5000 Volt. Dadurch platzen die Zellen der Pflanzen und vor allem der Wurzeln.

Bodenschonend und ungefährlich für Tiere

Auch wenn sich das relativ brutal anhört, soll die Methode bodenschonend und ungefährlich für Tiere, Bodenlebewesen und die umgebende Vegetation sein. Am Lech, in ihrer schwäbischen Heimat, konnten die beiden Dienstleister schon gute Erfolge erzielen, berichten sie.

Das Wasserwirtschaftsamt setzt deshalb große Hoffnungen in die neue Methode, denn an den steilen Uferböschungen ist eine Bekämpfung der sich unkontrolliert ausbreitenden Pflanze mit Folienabdeckung kaum möglich, der Einsatz von chemischen Unkrautvernichtern ist in Gewässernähe tabu, wie Hans-Dietrich Uhl, stellvertretender Leiter des Wasserwirtschaftsamts, erklärt. Und bloßes Abmähen hält das Gewächs nur ganz kurz im Zaum.

Da wächst kein Gras mehr

Der Staudenknöterich stammt ursprünglich aus Japan. Vor gut hundert Jahren siedelten Nürnberger Bürger die exotische Pflanze in ihren Gärten an – und seitdem sorgt sie für Ärger: Unter der sich aggressiv ausbreitenden Pflanze wächst kein Gras, kein Kraut, keine Staude. Sie wuchert einfach alles zu. Im Pegnitztal sind unter anderem größere Flächen am Fuchsloch betroffen.


Diese Pflanzen sollten Sie nicht berühren


Nicht nur für die Artenvielfalt, auch für den Hochwasserschutz hat das negative Auswirkungen, berichtet Hans-Dietrich Uhl. Es fehlen die feinen Wurzeln der Pflänzchen, die im Regelfall das oberflächliche Erdreich zusammenhalten und Bodenerosion verhindern. Der stellvertretende Amtsleiter zeigt Löcher und Rinnen in der Böschung, die vom Regenwasser ausgespült wurden.

Weil "Fallopia japonica" sich im Nürnberger Stadtteil St. Johannis sehr wohl fühlt und bis zu drei Meter hoch wird, behindert sie zusätzlich die Sicht der Fußgänger und Radfahrer auf dem an dieser Stelle relativ engen Süßheimweg.

Erfolge mit Folienabdeckung

Der Staudenknöterich gilt als eine der am schwierigsten zu bekämpfende Neophyten in Nürnberg. Das Wasserwirtschaftsamt hat mit Folienabdeckungen gute Erfolge im Kampf gegen diese "Neu-Pflanzen" erzielt. Drei Jahre lang deckten seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer etwas ebeneren Fläche ein Stück flussabwärts abgemähten Knöterich zu. 2020 wurde die Abdeckung entfernt. Bislang haben sich nur ganz vereinzelt neue Schösslinge aus der Böschung gebohrt – und diese werden nun auch mit Strom "behandelt".

Heimische Arten

Für das Nürnberger Wasserwirtschaftsamt ist die elektrische Unkrautvernichtung Neuland. Vermutlich reicht ein einmaliger Einsatz der neuen Geräte nicht, meint Cynthia Hegele, beim Wasserwirtschaftsamt für Gewässerökologie zuständig. Im Frühjahr 2022 soll die Aktion deshalb wiederholt werden. Anschließend werden die Böschungen mit heimischen Pflanzenarten neu bepflanzt.

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