Ranking: Nürnberger Busbahnhof auf dem letzten Platz

18.6.2020, 16:03 Uhr
Der ZOB in Nürnberg belegt in einem Ranking des ADAC den letzten Platz - von elf getesteten Fernbus-Terminals schnitt der Nürnberger am schlechtesten ab. 

© Roland Fengler Der ZOB in Nürnberg belegt in einem Ranking des ADAC den letzten Platz - von elf getesteten Fernbus-Terminals schnitt der Nürnberger am schlechtesten ab. 

Ein Busbahnhof muss nicht unbedingt ein Wohlfühlort sein. Im Idealfall verweilt man hier ja nur kurze Zeit, bevor die Reise weitergeht. Die Anforderungen an einen solchen Ort sind also durchaus praktischer Natur: Reisende wollen im Trockenen warten, zur Toilette gehen, ihr Gepäck sicher aufbewahren, informiert werden, falls es zu Verspätungen oder Änderungen kommt.

Doch in all diesen Kategorien sind Reisende am Zentralen Omnibusbahnhof in Nürnberg schlecht bedient, wie ein am Donnerstag veröffentlichter Vergleichstest des ADAC zeigt. In ganz Deutschland hat der Verkehrsclub elf Busbahnhöfe unter die Lupe genommen und sie anhand der Hauptmerkmale Ausstattung, Sicherheit, Zugänglichkeit, Information und Komfort bewertet. Der Nürnberger ZOB am Willy-Brandt-Platz landet mit der Testnote "mangelhaft" auf dem letzten Platz.

Nachgebessert, aber Probleme bestehen weiter

Die benannten Probleme sind alles andere als neu. Der ZOB steht schon seit Jahren in der Kritik. An einigen Stellen ist in der Zwischenzeit nachgebessert worden: Mitarbeiter der städtischen Beschäftigungsgesellschaft Noris-Arbeit (NOA) sind vor Ort präsent und weisen die Busse ein, größere Abfallbehälter wurden aufgestellt und in den Boden eingelassene Aschenbecher installiert, in den Sanitäranlagen leuchtet blaues Licht, um Drogenkonsumenten fernzuhalten, außerdem werden die Toiletten öfter gereinigt. An dem mangelhaften Zustand, den der ADAC dem ZOB attestiert, hat das alles bislang nichts ändern können.

Der größte Kritikpunkt in der ADAC-Erhebung: die fehlende Ausstattung in Sachen Fahrgast-Information. "Eine elektronische Info-Anzeige fehlt im Wartebereich völlig, hier erfahren Reisende nichts über Verspätungen, Ausfälle oder sonstige kurzfristige Änderungen", heißt es dazu. Ein K.o.-Kriterium für die Tester, und einer der wenigen leicht zu entkräftenden Punkte für Sör-Sprecher André Winkel.

Denn im Januar, als die ADAC-Tester unterwegs waren, gab es noch keine elektronischen Anzeigetafeln, doch Anfang Juni sei eine aufgestellt worden, sagt er. Diese sollte allerdings durch Lautsprecheransagen ergänzt werden, so Dr. Simon Hiller, Sprecher des ADAC Nordbayern. Alle Informationen sollten zudem auf Deutsch und Englisch bekannt gemacht werden. Der ADAC kritisiert weiterhin, dass es keine eigene Internetseite gibt, auf der Fahrgäste sich informieren können. "Über die denken wir derzeit nach", so Winkel, dessen Arbeitgeber Sör den Betrieb des Busbahnhofs für die Stadt Nürnberg übernimmt.

Durchgehendes Dach "wird nicht möglich sein"

Die Liste der Mängel, die der ADAC in seinem Test aufführt, ist lang: Schließfächer fehlen, ebenso ein Zebrastreifen für die sichere Überquerung der Fahrspuren. Auch eine Wartehalle gibt es am Nürnberger Busbahnhof nicht, die Örtlichkeiten böten "kaum Schutz vor schlechtem Wetter" und auch geeignete Sitzflächen vermisst der ADAC. André Winkel sieht den Handlungsbedarf, verweist aber auf den begrenzten Platz vor Ort: "Eine durchgehende Überdachung wird hier nicht möglich sein." Die einzelnen Bushaltestellen mit Wetterschutz und Dächern zu versehen, sei aber durchaus denkbar, aber noch nicht beschlossen. "Da muss noch mit dem Eigentümer verhandelt werden", so Winkel.

In der Vergangenheit waren Vorschläge, am Busbahnhof baulich etwas zu verändern, zumeist vom damaligen Besitzer, der Doblinger-Gruppe, abgeschmettert worden. Doch seit November 2018 gehören das Ad-Com-Center und der ZOB der PSD Bank, die in einem der Gebäude ihre Zentrale hat. Bei der Stadt war man zuversichtlich, dass mit dem neuen Eigentümer bessere Absprachen möglich seien.

Selbstreinigende WCs als Lösung?

Einen weiteren "großen Minuspunkt" stellt laut ADAC-Bericht der Zustand der sanitären Anlagen dar. "Insbesondere die Sauberkeit wurde im Test negativ bewertet", heißt es im Ranking weiter. Auch dieses Problems ist man sich bei der Stadt bewusst. Derzeit werde über eine Lösung mit Automatik-WCs nachgedacht, die sich selbst reinigen, so Winkel. Geschätzter Kostenpunkt: rund 500.000 Euro. "Aber auch das muss alles noch abgestimmt werden.“

Und schließlich schneidet der ZOB auch in puncto Barrierefreiheit, auf die der ADAC-Test 2020 ein besonderes Augenmerk gelegt hat, sehr schlecht ab. Es gibt weder ein Leitsystem für Menschen mit Sehbehinderungen noch gibt es ausreichend abgesenkte Bordsteine – und das, obwohl seit Jahresbeginn 2020 "laut Behindertengleichstellungsgesetz sowohl Fernbusse als auch Terminals durchgängig barrierefrei sein" müssen, wie der ADAC mitteilt. Auch hier stimmt Sör zu, dass es Handlungsbedarf gibt. "In diesen beiden Punkten sind wir in der Planung relativ weit fortgeschritten", sagt Winkel. Einen Zeitplan gibt es allerdings noch nicht.

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