Spielzeugmuseum: Eine Schatztruhe der Sonderklasse

27.2.2021, 20:21 Uhr
Spielzeugmuseum: Eine Schatztruhe der Sonderklasse

© Harald Sippel/NNZ

Als "Botschafter Nürnbergs in der Welt" bezeichnet der frühere Direktor Helmut Schwarz das Spielzeugmuseum, das heuer sein 50-jähriges Bestehen feiert. Asiaten, Amerikaner, Skandinavier und Türken kamen als Fachpublikum der Internationalen Spielwarenmesse zu den Abendführungen. Doch auch während des gesamten Jahres tummelten sich viele ausländische Gäste vor den Vitrinen.

Pakete aus Japan

"Spielzeug ist einfach ein Sympathieträger, es bringt die Menschen zusammen", meint der 68-Jährige. Er erinnert sich an einen jungen Japaner, der nach seinem Studium in Franken mehrere Pakete mit traditionellen Kokeshi-Puppen von Tokio nach Nürnberg geschickt hat. Oder an eine Dame aus Norddeutschland, die ihm eine äußerst seltene, 200 Jahre alte Anziehpuppe aus Karton angeboten hat. Die filigrane Unterwäsche, Spiel- und Sonntagskleidung aus Papier war noch unversehrt erhalten.

Spielzeugmuseum: Eine Schatztruhe der Sonderklasse

© Michael Matejka/NNZ

Beim New Yorker Auktionshaus Christies wurde ein entsprechendes Exemplar für 8000 US-Dollar versteigert. Das wusste die Besitzerin, doch ihr war auch klar, dass dies den Ankaufsetat des fränkischen Spielzeugmuseums sprengen würde. "Sie war mit einem Bruchteil der Summe einverstanden", erinnert sich Schwarz, "sie wollte, dass ihre 'englische Puppe' unbedingt in die Spielzeugstadt Nürnberg kommt."

Herausragende Stellung

Schließlich hatten hier einst bedeutende Firmen wie Schuco oder Bing ihre Zentralen mit Produktion - auch wenn dies schon lange Geschichte ist. Doch der Klang dieser großen Namen ist ebenfalls ein Grund für die herausragende Stellung des Nürnberger Spielzeugmuseums. Es ist nicht irgendeine Einrichtung unter vielen, sondern eine Schatztruhe der Sonderklasse.

Spielzeugmuseum: Eine Schatztruhe der Sonderklasse

© Museen der Stadt Nürnberg

Dies kommt auch bei Anfragen bedeutender Museen wie dem Londoner Victoria and Albert Museum oder dem Pariser Musée des Arts Décoratifs nach Leihgaben zum Ausdruck. Die Engländer erbaten für eine Ausstellung "War games" Kriegsspiele und selbstgebastelte Holzpanzer. Und die Pariser Kollegen suchten vor etwa einem Jahrzehnt beeindruckende Exponate für ihre "Größte Spielzeugausstellung Europas". Ein Mitarbeiter kam für drei Tage aus Frankreich und durchforstete das Depot. Auf die Reise nach Paris gingen dann unter anderem ein Pferdestall und ein Schuco-Blechteufel mit Keule.

Spielzeugmuseum: Eine Schatztruhe der Sonderklasse

© Harald Sippel/NNZ

Bei den etwa 1000 Anfragen per Mail pro Jahr geht es oft um fachliche Auskünfte: Wer war der Hersteller, wann wurde das Stück produziert, welches Material wurde verwendet? Neben Sammlern melden sich auch Laien mit besonderen Wünschen. So wollte ein australischer Filmregisseur wissen, wie Nürnberger Puppen im 17. Jahrhundert ausgesehen haben. Er recherchierte für einen Film über ein Handelsschiff, das 1629 bei den Abrolhos Islands vor der Küste Westaustraliens gesunken war. Es hatte auch "Tocken" - also Puppen - aus Nürnberg an Bord.

Virtuelles europäisches Museum

Spielzeugmuseum: Eine Schatztruhe der Sonderklasse

© Günter Distler/NNZ

Der außerordentliche Rang der Nürnberger Einrichtung wird auch dadurch deutlich, dass es bei der Präsentation "Toy muse" vor zwei Jahrzehnten als deutscher Vertreter ausgewählt wurde. Insgesamt acht Länder - darunter Frankreich, Spanien, Italien und Dänemark - bauten damals mit Unterstützung der EU ein virtuelles Museum im Internet.

Den Impuls für ein ganz reales Museum holte sich der türkische Autor Sunay Akin in Nürnberg. Die Vitrinen mit Blechspielzeug, Puppen und Bären inspirierten ihn zur Eröffnung eines Spielzeugmuseums in Istanbul.

Nicht nur eine Traumreise

Übrigens: Nicht alle Besucher unternehmen im Nürnberger Spielzeugmuseum eine Traumreise in die Welt der Stoffbären und Puppen. Die bayerische Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen schickte immer wieder einmal Kollegen aus anderen Museen mit einem ganz nüchternen Anliegen nach Nürnberg: "Wir waren die ersten, die sich intensiv um Inventarisierung, Datenbank und Internetpräsenz gekümmert haben", erinnert sich Schwarz. Die bürokratische Erfassung gehört zwingend dazu, wenn man unter den 93.000 Exponaten ein ganz bestimmtes Spielzeug finden will.

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